Coface Länder- und Branchenbewertung: Solides Wachstum für die USA, begrenztes Wachstum für Europa
Die US-Handelspolitik wird wahrscheinlich vielen Volkswirtschaften der Welt schaden, China erlebt eine längere Zeit mit erheblichen Überkapazitäten, viele Schwellenländer sind von der Aufwertung des Dollars und den daraus resultierenden Kapitalabflüssen bedroht. Europa steht unterdessen vor einer neuen Herausforderung gegenüber den USA, die zu den bestehenden Problemen und den bereits begrenzten Haushaltsspielräumen hinzukommt. „2025 dürfe die Divergenz zwischen der US-Wirtschaft und dem Euroraum bestätigen. In den USA wird mit einem soliden Wachstum gerechnet, da die Ausgaben der privaten Haushalte dank eines robusten Arbeitsmarktes und der Vermögenseffekte steigender Immobilien- und Aktienpreise stabil bleiben. Die von Präsident Trump versprochene Deregulierung und Steuersenkungen werden die Investitionen ankurbeln. In Europa hingegen dürfte das Wachstum begrenzt bleiben und durch Herausforderungen in der Industrie und im Baugewerbe belastet werden“, erklärt Dagmar Koch, Country Managerin Coface Österreich und ergänzt: „Trotz einer recht stabilen Inflation dürfte der private Konsum aller Voraussicht nach, weiterhin gedämpft sein. Grund dafür ist die politische Unsicherheit in mehreren Ländern – darunter Frankreich und Deutschland.“
Bei der jüngsten Länder- und Branchenbewertung hat Coface sieben Ländereinschätzungen (4 Heraufstufungen und 3 Herabstufungen) und 20 Brancheneinschätzungen (8 Heraufstufungen und 12 Herabstufungen) überarbeitet. „Zu den Upgrades gehört das Vereinigte Königreich. Dieses wird von A4 auf A3 hochgestuft und liegt damit auf einer Bewertungsnote mit Österreich und Deutschland. Im Gegensatz zu den beiden Ländern wirken sich in UK die höheren Löhne und die langsam sinkenden Zinsen positiv auf das Konsum- und Investitionsverhalten der britischen Konsumenten und Unternehmen aus. Die Zahl der monatlichen Unternehmensinsolvenzen geht langsam wieder zurück. Eine weitere Heraufstufung betrifft Luxemburg, das nun zusammen mit Norwegen, Dänemark und der Schweiz die Top-Benotung A1 hält. Die Wirtschaft Luxemburgs ist hauptsächlich auf der Entwicklung der heimischen Banken aufgebaut. Nach den rapiden Zinsanstiegen der Zentralbanken sowie den daraus resultierenden Verwerfungen in den letzten Jahren hat sich die Situation der Banken in Europa mittlerweile wieder normalisiert. Schließlich wurden noch der Oman und Guyana jeweils von C auf B heraufgestuft“, erläutert Christiane von Berg, Head of Economic Research BeNeLux & DACH bei Coface. Die Herabstufungen betreffen Botswana (von A4 auf B), Bangladesch und die Malediven (beide von C auf D).
DER EUROPÄISCHEN AUTOINDUSTRIE GEHT DER SPRIT AUS
Die europäische Automobilindustrie erlebte im Jahr 2024 einen starken Abschwung. Die Nachfrage nach Personenkraftwagen stagnierte und die Branchenindikatoren deuten darauf hin, dass die Produktion in den meisten Ländern der Region weiter an Dynamik verliert. Die Neuzulassungen verzeichneten 2024 ein schwaches Wachstum von +0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr und gingen in der zweiten Jahreshälfte gar um 3 Prozent zurück. Auch für 2025 sieht es nicht gut aus für die europäische Automobilindustrie, die zwischen der zunehmenden Konkurrenz aus China und der Unsicherheit des US-Marktes mit drohenden Handelsbarrieren hin- und hergerissen sein dürfte. Daher hat Coface das Branchenrisiko für die Automobilindustrie in Westeuropa in fünf von acht Ländern auf „sehr hohes Risiko“ gesetzt.
KARTEN FÜR VIELE SCHWELLENLÄNDER NEU GEMISCHT
Die Wahl Donald Trumps hat die Anfälligkeit der fragilsten Volkswirtschaften für Veränderungen auf den Finanzmärkten deutlich hervorgehoben. Viele Schwellenländer stehen vor einer besonders herausfordernden Situation in Form einer raschen Aufwertung des US-Dollars – aufgrund der verbesserten wirtschaftlichen Aussichten durch Trumps Steuerpolitik – verbunden mit massiven Kapitalabflüssen in Schwellenländer. „Diese Länder müssen jetzt höhere Zinssätze zahlen, um das Kapital im Land zu halten. Wenn man zudem in US-Dollar verschuldet ist, kommen durch die heimische Währungsabwertung Extrakosten hinzu“, sagt Christiane von Berg. „Ein Beispiel für solche Turbulenzen ist der starke Wertverlust des brasilianischen Real Ende 2024. Zwischen Ende November und dem 25. Dezember verlor die Währung 10 Prozent an Wert, obwohl die brasilianische Zentralbank ihre Leitzinsen anhob und damit eigentlich der Real unter Aufwertungsdruck stand. Das zeigt, wie stark externe und fiskalische Ungleichgewichte ein Land verwundbar machen können.“
Auch China bleibt nicht verschont. Ohne umfangreiche neue Konjunkturmaßnahmen dürfte das Jahreswachstum nach den offiziell gemeldeten 5 Prozent im Vorjahr deutlich nachlassen – laut Coface-Prognose auf 4,3 Prozent in diesem Jahr. Die US-Zölle bleiben das Hauptrisiko für das Land. Auch wenn ihr Ausmaß und ihr Zeitpunkt ungewiss sind, werden ihre Auswirkungen mit Sicherheit negativ sein.
STABILES, ABER IMMER NOCH BEGRENZTES GLOBALES WACHSTUM
Trotz des zunehmend unsicheren Umfelds hat Coface die Prognose zum weltweiten Wachstum 2025 leicht heraufrevidiert. Damit dürfte in diesem Jahr die globale Wirtschaft, wie schon im Jahr 2024, um 2,7 Prozent zum Vorjahr zulegen. Die Aufwärtskorrektur ist in erster Linie auf die unerwartete Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft zurückzuführen, die die anhaltende Schwäche der Eurozone kompensiert.
LANGSAME ERHOLUNG FÜR ÖSTERREICHS WIRTSCHAFT
„Nach zwei Jahren Rezession dürfte sich die österreichische Wirtschaft im Jahr 2025 langsam erholen. Dennoch wird am Ende nur ein Plus von 0,2 Prozent zum Vorjahr erwartet“, sagt Koch. Die große Herausforderung sei, so die Coface-Managerin, die starke Abhängigkeit von Deutschland. „29 Prozent aller österreichischen Exporte gehen nach Deutschland. Das entspricht 12,5 Prozent der Wirtschaftsleistung“, so Koch. Die Industrie in Deutschland ist bereits seit Ende 2018 in einer Rezession und wird wohl auch 2025 auf einem niedrigen Niveau verbleiben und sich höchstens stabilisieren. „Die weitere Entwicklung von Deutschland hängt davon ab, ob nach der Wahl in Deutschland, das Vertrauen der Konsumenten und Investoren zurückkommt und das Ergebnis zu höherer Wirtschaftsaktivität führt“, ergänzt Dagmar Koch.
Ökonomin Christiane von Berg schätzt die Entwicklung für Österreich folgendermaßen ein: „Die Rahmenbedingungen für eine zumindest leichte Erholung der Binnennachfrage sind gegeben. Nachdem die Nominallöhne im letzten Jahr 2024 um ca. 7,8 Prozent zum Vorjahr gestiegen sind, ist in diesem Jahr mit einem Anstieg von 3,5 Prozent zu rechnen. Unterstützend sollte auch die Zinsentwicklung wirken. Hier erwarten wir von der EZB insgesamt vier Zinsschritte á 25 Basispunkte dieses Jahr. Der Einlagesatz würde somit auf 2 Prozent fallen, was als neutrales Niveau angesehen wird. Damit würde die Zentralbank weder die europäische Wirtschaft abbremsen noch beschleunigen.“
Auf Branchenebene gibt es in Österreich eine Herabstufung der Automotive-Branche von „hohes Risiko“ auf „sehr hohes Risiko“. Damit steht Österreich nicht allein, sondern ist Teil einer europaweiten Abwertung, welche bei den Automobilproduzenten ihren Ursprung hat. Denn neben Deutschland und Tschechien sind auch die Zulieferindustrie in Polen und den Niederlanden betroffen, weshalb die Automotive-Branche in diesen Ländern ebenfalls schlechter bewertet wird. Die Stimmung im europäischen Automotive-Sektor war schon seit langer Zeit schlecht, doch nun scheint ein neuer Tiefpunkt erreicht. Dies ist auch ablesbar daran, dass diverse Großunternehmen der Branche, wie z.B. Volkswagen und Ford sowie die großen Zulieferer wie Continental Stellen abbauen oder gar ganze Standorte in Deutschland schließen. Hinzu kommt die Unsicherheit der Konsumenten beim Thema E-Autos, da das Verbrenner-Aus politisch öfters in Frage gestellt wurde und die Ladeinfrastruktur weiterhin unzureichend ist.
COFACE: FOR TRADE
Mit 75 Jahren Erfahrung und dem dichtesten internationalen Netzwerk ist Coface ein bedeutender Kreditversicherer, Partner im Risikomanagement von Unternehmen und in der globalen Wirtschaft. Mit dem Anspruch, der agilste Kreditversicherer weltweit zu werden, unterstützt Coface 100.000 Kunden dabei, Geschäfte aufzubauen und dynamisch zu entwickeln. Die Produkte und Dienstleistungen schützen Unternehmen im nationalen und internationalen Business und helfen ihnen, Kreditentscheidungen zu treffen. 2023 war Coface mit rund 4.970 Mitarbeitern in 100 Ländern aktiv und erzielte einen Umsatz von ca. 1,87 Mrd. Euro.
Coface, Niederlassung Austria
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