Budgetausschuss: Mayr rechnet mit einem Maastricht-Defizit von rund 3,9 %
Neuerliche Debatte über Anteil der Länder und Gemeinden; Antrag der Grünen zum Nationalfonds vertagt
Was Finanzminister Gunter Mayr schon im EU-Unterausschuss Ende Jänner verkündet hat, wird nun auch vom sogenannten Monatserfolg vom Dezember 2024 bestätigt: Österreich weist ein Defizit in der Höhe von 19,1 Mrd. Ꞓ aus. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine erfreuliche Zahl, weil der Voranschlagswert sogar um 1,7 Mrd. Ꞓ unterschritten wurde. Dennoch ging der Ressortchef bei der heutigen Sitzung des Budgetausschusses von einem Maastricht-Defizit in der Höhe von rund 3,9 % aus, was vor allem an der negativen Entwicklung des Beitrags der Länder und Gemeinden liegen würde.
SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer, der schon mehrmals in den letzten Monaten mehr Klarheit in dieser Frage eingefordert hat, erhielt heute von einem Vertreter des Finanzministeriums die Auskunft, dass vor der Erstellung des letzten Budgets mit einem Beitrag der Länder und Gemeinden von rund – 5,7 Mrd. Ꞓ bzw. 1,1 % des Defizits gerechnet wurde. Der Fiskalrat sowie die Wirtschaftsforschungsinstitute hätten aber viel niedrigere Werte angenommen.
ANTRAG DER GRÜNEN ZUM NATIONALFONDS WIRD MEHRHEITLICH VERTAGT
Im Budgetausschuss behandelt wurde auch ein Antrag der Grünen, durch den Walter Rosenkranz als Vorsitzender des Nationalfonds verhindert werden sollte. Es sei aus Sicht von Lukas Hammer (Grüne) nicht tragbar, dass eine Person, die „Mitglied einer deutschnationalen schlagenden Burschenschaft“ sei, dieses wichtige Amt inne habe. Er schlug daher vor, dass statt der automatischen Ernennung des Nationalratspräsidenten dem Hauptausschuss die rechtliche Möglichkeit eingeräumt werden sollte, den Vorsitz aus dem Kreis der drei Nationalratspräsident:innen zu wählen. Diese Initiative wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ vertagt.
VERBESSERUNG DES EU-WEITEN INFORMATIONSAUSTAUSCHES ZWISCHEN STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Einhellige Zustimmung erhielt eine Regierungsvorlage zur Umsetzung einer EU-Richtlinie, die eine Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Strafverfolgungsbehörden zum Inhalt hat (22 d.B.). Künftig sollen Informationsersuchen bevorzugt über eine zentrale Kontaktstelle auf Basis der von Europol verwalteten und entwickelten Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (Secure Information Exchange Network Application – SIENA) erfolgen. Dazu waren Änderungen im nationalen Finanzstrafzusammenarbeits- sowie im Finanzstrafgesetz notwendig.
Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt wurde zudem eine Initiative der Freiheitlichen, die darauf abzielt, dass Kassabelege erst ab einem Netto-Umsatz von über 35 Euro ausgestellt werden müssen (20/A(E)). Abgeordneter Michael Fürtbauer (FPÖ) begründete dies mit dem hohen Verwaltungsaufwand und führte als Beispiel die Einführung des Pfandsystems für Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff und Metall seit 1. Jänner 2025 ins Treffen.
DEFIZIT 2024: MIT 19,1 MRD. Ꞓ UM 1,7 MRD. Ꞓ BESSER ALS VERANSCHLAGT
Das Defizit 2024 wird voraussichtlich 19,1 Mrd. Ꞓ betragen und ist damit um 1,7 Mrd. Ꞓ besser als veranschlagt. Diese und weitere erste Zahlen zum Jahresergebnis 2024 liefert der Monatserfolg Dezember (12/BA). Zusätzlich wird über die Auszahlungen im Zusammenhang mit dem Kommunalinvestitionsgesetz 2023 berichtet.
2024 sei durch eine „wesentlich schlechtere wirtschaftliche Entwicklung“ gekennzeichnet gewesen als zur Budgeterstellung im Herbst 2023 prognostiziert wurde, hält das Finanzministerium fest. Hingegen seien die Zinsen und die Inflation schneller als ursprünglich angenommen gesunken. Die Verlängerung von Energiekrisenmaßnahmen und die Klimabonus-Aufstockung sowie zwei Sondereffekte durch das Hochwasser und die Verschiebung der RRF-Zahlung (Recovery and Resilience Facility) waren nicht im Bundesvoranschlag 2024 berücksichtigt.
Wenn schon vor der Budgeterstellung im Herbst 2023 klar gewesen sei, dass die Länder und Gemeinden einen Negativbeitrag von rund 5,7 Mrd. Ꞓ aufweisen bzw. mit – 1,1 % zum Defizit beitragen werden, dann verstehe er nicht, warum ein Beitrag in der Höhe + 0,1 % angesetzt wurde, gab Kai Jan Krainer (SPÖ) zu bedenken. Kritik übte er dabei vor allem am ehemaligen Finanzminister Magnus Brunner, dessen Vorgangsweise er als „nicht redlich“ einstufte.
Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ) sprach von einer untragbaren Vorgangsweise, da das Geld offenbar für die falschen Sachen ausgegeben wurde. Denn obwohl man den Ländern 3 Mrd. Ꞓ im Rahmen des Finanzausgleichs gegeben habe, seien deren Schulden weiter angewachsen.
Abgeordneter Andreas Hanger (ÖVP) hielt es für legitim, die Gebietskörperschaften stärker in die Pflicht zu nehmen, vor allem was die Einmeldung von Daten betrifft.
Es sei zunächst einmal erfreulich, dass auf Bundesebene das Defizit geringer ausgefallen sei als veranschlagt wurde, konstatierte Finanzminister Gunter Mayr. Gesunken seien jedoch nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Einnahmen, wie z. B. aus der Mehrwertsteuer. Ein Grund dafür liege in der der Sparquote, die noch immer hoch sei. Die Wirtschaftsforschungsinstitute hätten zudem mit einer schnelleren Konjunkturerholung gerechnet. Generell gelte die Formel, dass ein Prozent weniger BIP zu einem Anstieg des Defizits um ein halbes Prozent führen würde. Da nun schon einige Länderdaten vorhanden seien, hoffe er, dass das gesamtstaatliche Defizit unter 4 % zu liegen komme. Grundsätzlich würden die von der Statistik Austria erhobenen gesamtstaatlichen Eckwerte für 2024 aber erst Ende März veröffentlicht.
Was die Kritik von Krainer anbelangt, so wies Mayr darauf hin, dass alle namhaften Wirtschaftsinstitute von einer positiveren Entwicklung ausgegangen seien. Wahrscheinlich müsse man aber den bisherigen Prozess, wo der Anteil der Länder und Gemeinden als eine Art Restgröße beurteilt wurde, grundsätzlich hinterfragen. Wichtig sei dabei auch eine gute Datenqualität von Seiten der Länder, wo es sicherlich Verbesserungspotenzial gebe.
Kristina Fuchs, die Leiterin des Parlamentarischen Budgetdienstes, machte zudem darauf aufmerksam, dass es kurz vor der Budgeterstellung im Herbst 2023 eine Einigung über den Finanzausgleich gegeben habe. Es sei daher technisch gar nicht möglich gewesen, neue Einschätzungen in die Unterlagen aufzunehmen, berichtete sie aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin im Finanzressort. Dennoch sei die heutige Debatte im Ausschuss über Melde- und Berichtspflichten sehr wichtig, da die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen dem Bund, den Ländern und Gemeinden deutlich verbessert werden müsse.
Die zur Debatte stehenden Berichte – Monatserfolg November sowie Dezember (6/BA und 12/BA) – wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
GRÜNE FÜR NEUEN WAHLMODUS BEIM NATIONALFONDS
Geht es nach Grünen soll die Leitung des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus nicht mehr automatisch beim Präsidenten bzw. der Präsidentin des Nationalrats liegen. Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne) brachte das Argument vor, dass eine Person, die Mitglied einer deutschnationalen schlagenden Burschenschaft sei, für dieses Amt nicht geeignet sei. Dieser Meinung würden sich viele anschließen und vor allem die Vertreter:innen der Israelitischen Kultusgemeinde. Da gerade in einem so wichtigen Gedenkjahr wie heuer der Nationalfonds nicht tätig werden könne, schlagen die Grünen als Lösung vor, dass zu Beginn jeder Legislaturperiode der Hauptausschuss mehrheitlich aus dem Kreis der Präsident:innen des Nationalrates den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende des Kuratoriums wählen soll (16/A).
Eine ablehnende Haltung dazu nahmen die Freiheitlichen ein, die von einer „Anlassgesetzgebung“ und einer „rein parteipolitisch motivierten“ Initiative sprachen. Dem Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz, der erst seit wenigen Monaten im Amt sei, sei die Erinnerungskultur ein großes Anliegen, betonte Markus Tschank (FPÖ), er sollte daher an seinen Taten gemessen werden. Es sei auch nicht demokratisch, wenn die größte politische Fraktion im Parlament vom Gedenken an die Opfer des NS-Regimes ausgeschlossen werden soll.
Aufgrund der hohen Sensibilität des Themas schlug Abgeordneter Georg Strasser (ÖVP) vor, den Antrag zu vertragen. Auch die SPÖ stimmte der Vertagung zu, um den Antrag noch verfassungsrechtlich prüfen zu können, erklärte Kai Jan Krainer (SPÖ). Das Anliegen sei aber absolut unterstützenswert.
Lukas Hammer (Grüne) sowie Markus Hofer (NEOS) zeigten sich enttäuscht über die Vertagung des Antrags, da er schon seit drei Monaten vorliege und daher schon längst geprüft werden hätte können.
Mittelverwendungsüberschreitungen von 2,18 Mrd. Ꞓ, Bundeshaftungen 2024 leicht gestiegen
Laut dem – mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen zur Kenntnis genommenen – Bericht des Finanzministeriums wurden im vierten Quartal 2024 Mittelverwendungsüberschreitungen in der Höhe von rund 2,18 Mrd. Ꞓ im Finanzierungshaushalt und 2,01 Mrd. Ꞓ im Ergebnishaushalt genehmigt (10/BA). Die in Summe größte Überschreitung im Finanzierungshaushalt gab es mit insgesamt 698,9 Mio. Ꞓ bei der Pensionsversicherung infolge geringerer Pflichtbeiträge und eines höheren Pensionsaufwandes. Der Rücklagenstand per 31. Dezember 2024 betrug 23,28 Mrd. Ꞓ. Was die Vorbelastungen anbelangt, wurden im vierten Quartal 2024 insgesamt 4,04 Mrd. Ꞓ genehmigt. Die höchste Vorbelastung in Höhe von 2,65 Mrd. Ꞓ betrifft die – von Abgeordneter Petra Bayr (SPÖ) angesprochene – Unterstützung des Ausbaus der Produktionskapazitäten in der österreichischen Halbleiterindustrie durch nationale Fördermittel.
BERICHT ÜBER FINANZSCHULDEN UND WÄHRUNGSVERTRÄGE 2024: WEITERHIN SEHR HOHE BONITÄT
Aufgrund makroökonomischer und geopolitischer Unsicherheiten war das Zinsumfeld im Jahr 2024 volatil, heißt im aktuellen Bericht über den Stand der Finanzschulden und Währungsverträge. Geprägt war das letzte Jahr auch durch vier Leitzinssenkungen der EZB. Der Hauptrefinanzierungssatz sank dabei von 4,5 % p.a. auf 3,15 % p.a. (7/BA). Der mehrheitlich zur Kenntnis genommene Bericht befasst sich auch mit der Bonität der langfristigen Verbindlichkeiten Österreichs, die von den führenden Ratingagenturen weiterhin sehr hoch bewertet wird.
Bei den Finanzschulden des Bundes gab es im Vergleich zum Vorjahr eine Entwicklung nach oben, und zwar von 283,3 Mrd. Ꞓ auf 299,3 Mrd. Ꞓ. 2024 wurden zudem Finanzierungen für den Bund über 66,33 Mrd. Ꞓ getätigt. Die Netto-Zinskosten stiegen 2024 von 4,12 auf 5,11 Mrd. Ꞓ.
Ein im Ausschuss geladener Experte gab bezüglich einer Frage von Karin Doppelbauer (NEOS) zu bedenken, dass ein mögliches Defizitverfahren durch die EU der Reputation Österreichs sicherlich nicht dienlich wäre. Generell würden Unsicherheiten von Investoren, um die alle Staaten derzeit ringen würden, negativ gesehen. Gleichzeitig sei es auch nicht richtig, dass die Finanzierung des Staates gefährdet sei, zumal ein automatisches Budgetprovisorium greife und auch Schulden in der Höhe von 50 % des Vorjahres aufgenommen werden können, erklärte Minister Mayr. Dies würde bis circa Ende April, Mitte Mai ausreichend sein.
BUNDESHAFTUNGEN STIEGEN IM JAHR 2024 AUF 93,8 MRD. Ꞓ
Der Ausnützungsstand der Haftungen des Bundes für Kapital betrug zum 31. Dezember 2024 rund 93,8 Mrd. Ꞓ und erhöhte sich damit im Vergleich zu 2023 um rund 1,1 Mrd. Ꞓ, ist einem weiteren Bericht des Ressorts zu entnehmen (11/BA und Zu 11/BA). Dieser Anstieg wird insbesondere auf die Erhöhung des Haftungsstandes in den Bereichen Ausfuhrförderung (1,2 Mrd. Ꞓ) sowie sonstige Haftungen (1,3 Mrd. Ꞓ) zurückgeführt.
Hervorgehoben wird dabei insbesondere die deutliche Erhöhung der Haftungen für Leihgaben an Bundesmuseen, die im Vergleich zum Vorjahr um 453,7 % gestiegen sind. Dies wird von Seiten des Ressorts mit den hohen Versicherungswerten von Ausstellungsobjekten erklärt. Wie bereits im Jahr 2023 wurden auch 2024 seitens des Bundes keine COVID-19 Haftungen mehr übernommen.
Was den von Abgeordnetem Kai Jan Krainer (SPÖ) thematisierten rollierenden Kredit der Kontrollbank in Schweizer Franken anbelangt, so sei dieser in früheren Jahren sicher ein gutes Geschäft gewesen, meinte Finanzminister Gunter Mayr. Es sei aber berechtigt, diese Strategie zu hinterfragen und über neue Vorgangsweisen nachzudenken. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
RÜCKZAHLUNGSFÄHIGKEIT DER EHEMALIGEN EURO-KRISENLÄNDER WEITERHIN GEGEBEN
Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurden weitere Berichte des Finanzministers, die einerseits über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) getroffenen Maßnahmen im vierten Quartal 2024 (8/BA) informierten und anderseits Maßnahmen zur Zahlungsbilanzstabilisierung zum Inhalt hatten (9/BA). Bei letzterem hätten die Überprüfungen der Europäischen Kommission ergeben, dass die ehemaligen Programmländer Irland, Portugal und Griechenland weiterhin ihren Verpflichtungen nachkommen können. (Schluss) sue
HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.
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