Parlament: TOP im Nationalrat am 27. März 2025

Nationalfonds-Gesetz, Strategie gegen Antisemitismus, Gleichbehandlungsberichte, CEEPUS IV, Fragestunde, ORF-Gesetz

Zum Auftakt des zweiten Sitzungstags der Plenarwoche wird sich der Nationalrat mit einem Bericht zur nationalen Strategie gegen Antisemitismus und einer Änderung des Nationalfonds-Gesetzes befassen. Außerdem stehen zwei Gleichbehandlungsberichte sowie die Fortführung eines Stipendienprogramms für Studierende, Lehrende und Verwaltungspersonal an mittel-, ost- und südosteuropäischen Universitäten (CEEPUS IV) zur Diskussion. Ein FPÖ-Antrag zur Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse wird einer Ersten Lesung unterzogen.

Kurzfristig könnte überdies eine Novelle zum ORF-Gesetz auf die Tagesordnung kommen. Aufgrund eines mit 1. April wirksam werdenden VfGH-Urteils ist die Beschickung des Stiftungsrats und des Publikumsrats neu zu regeln. Voraussetzung für eine Ergänzung der Tagesordnung ist, dass der Verfassungsausschuss seine Beratungen darüber zeitgerecht abschließt. Er könnte Dienstagabend zusammentreten.

FRAGESTUNDE

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde. Erstmals stellt sich der neue Bundeskanzler Christian Stocker den Fragen der Abgeordneten.

NATIONALE STRATEGIE GEGEN ANTISEMITISMUS

Der noch von der damaligen Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler vorgelegte Bericht der Regierung zur nationalen Strategie gegen Antisemitismus steht aufgrund eines einstimmigen Beschlusses des Verfassungsausschusses auf der Tagesordnung. Daraus geht hervor, dass mittlerweile 38 von 41 Maßnahmen umgesetzt wurden. Dazu zählen etwa die Novellierung des Verbotsgesetzes und die Einrichtung eines Zentrums für Antisemitismusforschung in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Das Bewusstsein für Antisemitismus sei durch die nationale Strategie gestärkt worden, man habe Bildungsinitiativen ins Leben gerufen, Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen verbessert und den Dialog gefördert, hebt Edtstadler im Bericht hervor.

Drei Vorhaben sind laut Umsetzungsbericht langfristig angelegt und befinden sich noch in Umsetzung. Das betrifft etwa die Etablierung einer Dokumentationsstelle zur Bekämpfung von Antisemitismus unter Einbeziehung der Israelitischen Kultusgemeinde sowie die spezifische Aus- und Fortbildung von Verwaltungs- und Exekutivbediensteten sowie von Lehrer:innen.

Im Verfassungsausschuss hob Staatssekretär Alexander Pröll hervor, dass die Strategie unter der neuen Bundesregierung fortgesetzt und weiterentwickelt werden soll. Dazu gehört auch die Förderung von jüdischem Leben in Österreich. Thema war außerdem der starke Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Österreich in den vergangenen Jahren.

NOVELLE ZUM NATIONALFONDS-GESETZ

ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne haben gemeinsam eine Novelle zum Nationalfonds-Gesetz ins Plenum geschickt. Damit wollen sie sicherstellen, dass der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus handlungsfähig bleibt.

Die Novelle soll es Nationalratspräsident Walter Rosenkranz künftig ermöglichen, sich in seiner Rolle als Kuratoriumsvorsitzender des Nationalfonds vertreten zu lassen. Derzeit hat er diese Funktion aufgrund seines Amtes automatisch inne. Die jüdische Gemeinschaft und Opferschutzverbände haben aber große Vorbehalte gegen Rosenkranz. So gibt es einen aufrechten Beschluss der Israelitischen Kultusgemeinde, nicht an Sitzungen des Fonds teilzunehmen, solange Rosenkranz Vorsitzender ist. Nun wird dem Nationalratspräsidenten die Möglichkeit eingeräumt, die Leitung des Fonds und weitere damit verbundene Aufgaben teilweise oder ganz an den Zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner bzw. die Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures zu übertragen. Alternativ soll es dem Hauptausschuss des Nationalrats ermöglicht werden, Rosenkranz als Kuratoriumsvorsitzenden abzuwählen und stattdessen den Zweiten Präsidenten bzw. die Dritte Präsidentin an mit der Leitung des Fonds zu betrauen.

Initiiert haben die Gesetzesänderung die Grünen, wobei ihr ursprünglicher Vorschlag weitergehender war und jedenfalls auf eine Ablöse von Rosenkranz als Kuratoriumsvorsitzender des Nationalfonds abzielte. Die FPÖ kann sich zwar eine freiwillige Vertretungsregelung vorstellen, kritisierte die Abwahlmöglichkeit bei den Beratungen im Verfassungsausschuss aber als überschießend. Da die Gesetzesnovelle mehrere Verfassungsbestimmungen enthält, ist bei der Abstimmung im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig.

GLEICHBEHANDLUNGSBERICHTE FÜR DEN BUND UND DIE PRIVATWIRTSCHAFT

Auf Basis von zwei Berichten wird sich das Plenum mit dem Thema Gleichbehandlung befassen. Dabei geht es zum einen um Entwicklungen im öffentlichen Dienst und zum anderen um die Arbeit der Gleichbehandlungskommission und der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Dem aktuellen Gleichbehandlungsbericht des Bundes ist unter anderem zu entnehmen, dass der Frauenanteil im Bundesdienst zwischen 2021 und 2023 von 43 % auf 44,1 % gestiegen ist und in manchen Berufsgruppen wie bei Lehrer:innen, Richter:innen und im Verwaltungsdienst bei über 50 % liegt. Im Exekutivdienst stieg er von 20,6 % auf 23,1 % und im Militärischen Dienst von 3,7 % auf 4,1 %. Der öffentliche Dienst nehme damit eine Vorreiterrolle ein, hob die designierte Frauenministerin Eva Maria Holzleitner im Gleichbehandlungsausschuss hervor. Auch die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern sind im Bundesdienst deutlich geringer als in der Privatwirtschaft und 2023 auf den historisch niedrigen Stand von 7,6 % gefallen, wie Vizekanzler Andreas Babler im Ausschuss festhielt. Aufholbedarf sehen Holzleitner und Babler bei der Väterkarenz: Auch wenn immer mehr Männer im Bundesdienst die Elternkarenz in Anspruch nehmen, fallen insgesamt 92 % der diesbezüglichen Abwesenheitszeiten auf Frauen und nur 8 % auf Männer. Die Teilzeitquote von Frauen im Bundesdienst lag 2023 bei 31,5 %, jene der Männer bei 7,6 %.

ARBEIT DER GLEICHBEHANDLUNGSANWALTSCHAFT UND DER KOMMISSION

Signifikant erhöht haben sich in den Jahren 2022 und 2023 die Fallzahlen bei der Gleichbehandlungskommission und der Gleichbehandlungsanwaltschaft, an die sich Personen mit Diskriminierungserfahrungen – vorrangig in der Arbeitswelt – wenden können. So verzeichnete etwa die Gleichbehandlungsanwaltschaft im Berichtszeitraum um 32 % mehr Anfragen, wie aus dem jüngsten Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft hervorgeht. Das habe auch damit zu tun, dass die Anlaufstellen stärker bekannt gemacht worden seien und gute Öffentlichkeitsarbeit leisteten, meinte Holzleitner im Ausschuss.

Insgesamt haben sich 2022 und 2023 5.231 Personen mit 6.359 Anfragen an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt, wobei bei den meisten Anfragen (42 %) das Geschlecht als Diskriminierungsgrund im Zentrum stand – insbesondere im Zusammenhang mit Themen wie sexueller Belästigung, Entgeltdiskriminierung sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 24 % betrafen Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und 10 % das Alter. Der Rest entfällt auf weitere Diskriminierungsgründe.

Bei der Gleichbehandlungskommission wurden insgesamt 266 Anträge eingebracht, wobei 154 den Senat I (Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt), 64 den Senat II (Gleichbehandlung bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt) und 48 den Senat III (Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit außerhalb der Arbeitswelt) betrafen. Laut Holzleitner konnte in den meisten Fällen ein Vergleich erzielt werden.

ÜBEREINKOMMEN CEEPUS ÜBER AKADEMISCHEN AUSTAUSCH IN MITTELEUROPA

Einstimmig empfiehlt der Wissenschaftsausschuss die Genehmigung eines Staatsvertrags, um das CEEPUS-Übereinkommen über den akademischen Austausch in Mitteleuropa fortzuführen. Das Übereinkommen CEEPUS-IV zwischen den Universitäten in Österreich und den mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten soll damit ab 1. Mai 2025 nahtlos an das aktuell laufende CEEPUS-III anschließen. Ziel des Programms ist es, mittels Stipendien den Austausch von Studierenden, Lehrenden und Verwaltungspersonal innerhalb von universitären Netzwerken und damit den Wissenstransfer zwischen österreichischen Universitäten und CEEPUS-Hochschulen zu ermöglichen. Österreich pflege eine enge Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft und Forschung der Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas und trete dort auch als wichtiger Investor auf. Für das Programm sind in den Jahren 2025 bis 2029 rund 4,78 Mio. Ꞓ vorgesehen.

VERFAHRENSORDNUNG FÜR UNTERSUCHUNGSAUSSCHÜSSE

Beenden wird der Nationalrat seine Plenarwoche mit der Ersten Lesung eines FPÖ-Antrags, der auf eine Änderung der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse samt begleitender Verfassungsänderung abzielt. Demnach soll künftig ein Viertel der Mitglieder des Geschäftsordnungsausschusses die Möglichkeit erhalten, dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein vom Ausschuss durchgewunkenes U-Ausschuss-Verlangen zur Überprüfung vorzulegen. Ähnliches ist für vom Nationalrat mehrheitlich beschlossene Untersuchungsausschüsse vorgesehen. Nach der derzeitigen Gesetzeslage führe selbst ein verfassungswidriger Untersuchungsgegenstand zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, wenn dessen Zulässigkeit nicht von einer Mehrheit der Abgeordneten bestritten wird, begründet die FPÖ ihre Initiative. Einen diesbezüglichen Vorstoß der FPÖ hatte es bereits letztes Jahr gegeben, detailliert beraten wurde darüber aufgrund des Endes der Gesetzgebungsperiode aber nicht mehr.

Nach der Debatte wird der Antrag dem Geschäftsordnungsausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen.

ORF-GREMIENREFORM

Bereits am 5. Oktober 2023 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Bestimmungen im ORF-Gesetz betreffend die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Nach Ansicht des Höchstgerichts hat die Bundesregierung zu viel Gewicht und zu viel Entscheidungsspielraum bei der Besetzung der beiden Gremien. Der gebotene Pluralismusaspekt werde somit nicht ausreichend berücksichtigt.

Da die Aufhebung der betroffenen Bestimmungen mit Anfang April 2025 wirksam wird, ist eine gewisse Dringlichkeit bei der Reparatur des Gesetzes geboten. Diese könnte noch im Donnerstagsplenum – auf Basis einer gemeinsamen Initiative von ÖVP, SPÖ und NEOS – erfolgen. Allerdings müsste davor der Verfassungsausschuss tagen und grünes Licht geben.

Laut Regierungsprogramm soll dem VfGH-Urteil unter anderem durch eine Reduzierung der von der Regierung in den ORF entsendeten Stiftungsrät:innen von neun auf sechs Rechnung getragen werden. Gleichzeitig soll der Publikumsrat mit künftig neun statt sechs Mitgliedern mehr Gewicht im Stiftungsrat bekommen. Weiters haben ÖVP, SPÖ und NEOS Verschiebungen bei der Bestellung der Publikumsrät:innen, eine öffentliche Ausschreibung im Vorfeld der Entsendung von Stiftungsrät:innen sowie Adaptierungen bei den Qualifaktionserfordernissen vereinbart. Ob das so umgesetzt wird, ist allerdings noch offen, ein konkreter Gesetzentwurf liegt bislang nicht vor. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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