1. Wiener Gemeinderat (5)

Konstituierende Sitzung; Debatte zur Erklärung des Bürgermeisters

VBgm.in Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) gratulierte allen erfolgreich gewählten Kolleg*innen. Emmerling zeigte sich “fassungslos” angesichts der Tragödie des Amoklaufs in einer Grazer Schule und rief dazu auf, sich verstärkt um das psychische Wohl von Kindern und Jugendlichen zu kümmern, lehnte aber ab, die Ereignisse für politische Statements zu nutzen. Emmerling sagte, die größte Aufgabe der Zeit sei es, die Zukunft zu gestalten – gerade angesichts aktueller Krisen wie jener in der Ukraine. Wirtschaft und Budget dominieren laut Emmerling aktuell das Geschehen. Österreich verzeichnet als einziges EU-Land kein Wachstum – Wien sei die “rühmliche Ausnahme”. Die Budgets geben nicht viel Spielraum her, umso wichtiger sei es daher, dass Wien eine “klare Linie” verfolgt. Jede Förderung, jedes Projekt würde genau geprüft werden. Gute Wirtschaftspolitik sie aber “mehr als nur Sparen”. Wien müsse die Heimat neuer innovativer Unternehmen sein. Als Beispiel nannte Emmerling die KI-Gigafabrik, um die sich die Stadt aktuell als Standort bewirbt. Wien müsse Spitzenforscher*innen in die Stadt holen und dabei die hohe Lebensqualität als Trumpf nutzen. Ein Gefühl, dass es “bergauf” geht, braucht die Stadt ganz besonders. Sozialer Zusammenhalt und Solidarität dürfen dabei keine bloßen Stichworte sein. Dazu gelte es einen Beitrag zu leisten, gleichzeitig sollten alle, die Unterstützung brauchen, diese auch erhalten. Der Reformwille der Regierung sei stark – gerade auch in Sachen Integration. Emmerling. Bildung, so Emmerling, ist die “Grundlage für den Aufschwung”. Chancengerechtigkeit für alle Kinder liegt Emmerling besonders am Herzen. Das wichtigste Thema im Bildungsbereich ist in Emmerlings Augen die gemeinsame Sprache Deutsch. Die Zahl der außerordentlichen Schüler*innen muss reduziert werden. Essentiell sei es im Kindergarten bereits anzusetzen und unter anderem die Anwesenheit zu erhöhen, wenn nötig. Emmerling erwähnte noch die psychosoziale Gesundheit als einen Bereich, der viel Aufmerksamkeit brauche, um negativen Trends entgegenzuwirken. Nicht nur heute, so Emmerling, sondern in den nächsten fünf Jahren, gebe es viel zu besprechen und zu debattieren und darauf freut sich Emmerling, denn das macht Demokratie aus. Allerdings, sei es wichtig wie sich Politiker*innen verhalten, so Emmerling, denn die Menschen würden wahrnehmen, ob nur gestritten würde oder ob es auch ein gemeinsames Arbeiten gibt. “Politik lebt vom Vertrauen der Menschen”, so Emmerling. Die Vizebürgermeisterin zeigte sich überzeugt, dass “Politik besser ist als ihr Ruf” und kündigte an, Kritik positiv und “sportlich” zu nehmen. Es gehe darum “gute Ideen umzusetzen” – nicht nur dann, wenn es politisch opportun ist.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) zeigte sich erschüttert angesichts des Amoklaufs in Graz. Er nannte das Programm der Stadtregierung ein Programm “schöner Worte und leerer Versprechen”. Es sei “unkonkret, schwammig, oberflächlich und ambitionslos” und nicht mehr als “alter Wein in neuen Schläuchen”. Echte Reformen, so Zierfuß, gebe es nicht; statt Aufschwung stünde Wien vor fünf Jahren, in denen sich der Abwärtstrend fortsetzen werde. Die “Abwärtskoalition” habe außer “Überschriften” nichts zu bieten – so Zierfuß. Im Programm stünde 85 mal das Wort “Evaluierung” – für Zierfuß nicht mehr als ein “schau ma mal”. Die Mindestsicherung könne sich Wien bald nicht mehr leisten, so Zierfuß, da sei ein bloßes Evaluieren nicht ausreichend. Mindestsicherung, so Zierfuß, muss das letzte Mittel gegen Armut sein, allerdings darf es keine “Hängematte” darstellen. Der Anteil an Menschen, die Mindestsicherung in Wien beziehen, ist, so Zierfuß, im Vergleich zu Restösterreich überproportional groß. Die Aussage des Bürgermeisters, es brauche einheitliche Regelungen, erstaunte Zierfuß, denn auch diese gebe es bereits. Das Schlagwort “Weiterentwicklung” im neuen Regierungsprogramm stieß Zierfuß sauer auf. Die MA 35 beispielsweise, so Zierfuß, brauche keine Weiterentwicklung, sondern “echte Reform”. Das Wort Reform käme im Programm selten vor, Verweise auf die Bundesregierung seien hingegen in reichlicher Zahl zu finden. Das, so Zierfuß, sei nichts anderes als ein Abschieben der Verantwortung in Richtung Bundesregierung. Die Wiener*innen verdienen sich laut Zierfuß aber eine Stadtregierung, die Verantwortung annimmt. Die Schulden würden sich bis Ende des Jahres auf rund 16 Milliarden Euro verdoppeln – in den Augen Zierfuß ist das “rekordverdächtig”. In der Bildung ortete Zierfuß viele Probleme, unter anderem, dass nahezu die Hälfte der Schulstarter*innen den Lehrer nicht verstünden – trotz Kindergartenbesuchs. Der Bürgermeister hat tausend Sprachförderkräfte angekündigt – im Regierungsprogramm sei nur ein “schwammiger Verweis” darauf zu finden. Auch in der Wirtschaftspolitik bewertete Zierfuß das Regierungsprogramm als “schwammig und unkonkret”.

GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) drückte den Opfern und Hinterbliebenen der Tragödie in Graz ihr Beileid aus. Arapovic zeigte sich stolz, mit ihren Kolleg*innen für die Zukunft arbeiten zu können und dankbar, für das Vertrauen der Wähler*innen. Die “Aufschwungskoalition” stellt sozialen Zusammenhalt und Bildung in den Fokus. Das Regierungsprogramm ist Ergebnis harter Verhandlungen und Arapovic freut sich auf die Zusammenarbeit in den nächsten fünf Jahren. “Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg” ist nicht nur der Leitsatz der NEOS, sondern ein echter “Glaube”. Arapovic könne nicht genug betonen, wie wichtig die sprachliche Förderung sei. Davon profitieren nicht nur Kinder und Eltern, sondern die Gesellschaft als Ganzes, betonte Arapovic. Kinder, die in Wien geboren wurden, dürfen nicht an der Sprache scheitern. Arapovic erwähnte “Klimaneutralität bis 2040” als zentrales Ziel. “Wien muss atmen können”, so Arapovic, und meinte damit Entsiegelung und klimaresiliente Planung. Mehr Platz für Menschen, konsumfreie Zonen, sichere Schulwege – all das sind wichtige Ziele der Stadtregierung. Auch Wohnen sei ein zentrales Thema, die Stichworte sind für Arapovic “einfach, gerecht und leistbar”. Integration dürfe nicht dem Zufall überlassen werden und ist für die Zukunft ebenso entscheidend wie Gesundheit und Vorsorge. Politik, so Arapovic, ist “kein Selbstzweck, sondern der Versuch, das Leben der Menschen besser zu machen”. Es braucht eine Stadt, in der alle Kinder alle Chancen haben und die ebenso vielfältig wie vertrauenswürdig ist.

StRin Mag. Judith Pühringer (GRÜNE) drückte ihre tiefe Erschütterung über den Amoklauf in Graz aus und sprach ihr Beileid aus. Bildungschancen, leistbares Wohnen, Klimapolitik und sozialer Zusammenhalt seien Themen, die Pühringer am Herzen liegen würden, sagte die Grünen-Stadträtin. Eine “gute Streitbarkeit” sei für Pühringer ein wichtiger Teil der Demokratie. Wien könne und müsse besser werden – das sei ihr politischer Antrieb. Pühringer lägen die Menschen, die durch Armut am Limit leben, besonders am Herzen. Darunter seien zum Beispiel viele Menschen, die sich vor dem Sommer fürchten, weil sich ihre schlecht isolierten Wohnungen so aufgeheizen, sagte Pühringer. Die Frage, so Pühringer, die sich die Stadtregierung stellen muss, ist daher “Hilft unser Regierungsprogramm diesen Menschen?” Trotz enormen Budgetdefizits fände sich im Regierungsprogramm keine einzige Maßnahme, die das Budget konsolidiert. Wohnen sei in Wien “zur Existenzfrage geworden”. Diesen Druck muss man lindern – mit einem Stopp der Spekulation und dem Drang, Wohnraum zu schützen, forderte Pühringer. Die Regierung habe keine Leerstandsabgabe eingeführt – damit verzichte man nicht nur darauf, Wohnraum zu schützen, sondern auch auf eine Einnahmequelle. Beste Bildung für alle sei für sie nicht verhandelbar. Personalprobleme, Nachteile aufgrund der Herkunft und mehr seien enorme Herausforderungen für die Stadt. Nach “fünf Jahren des Redens” brauche es für Pühringer nun “konkrete Ergebnisse”. Die Stadtregierung bleibe in diesem Bereich alle Antworten schuldig, kritisierte Pühringer – zum Beispiel warum die Stadt Wien nur ein Drittel der Förderungen des Bundes zur Deutschförderung abgeholt hat. 1.147 Kinder mit Behinderung warten auf einen Kindergartenplatz in Wien – diese Zahl, so kündigte Pühringer an, werde sie ganz genau im Auge behalten. Die Hitze in der Stadt sei inzwischen “lebensbedrohlich” geworden. Laut Pühringer sei Wien nicht auf die Folgen der Klimakrise vorbereitet. Dafür bräuchte es viel mehr Entsiegelung und Begrünung, argumentierte die Grünen-Stadträtin. Wer kein Geld für eine Klimaanlage hat, müsse sich auf seine Stadt “verlassen können” und in einem grünen öffentlichen Raum Platz finden. Pühringer appellierte, dass die 365-Euro-Jahreskarte so günstig bleiben muss, wie sie jetzt ist. Kinder sollten in einer eigenen Kindergrundsicherung unterstützt werden, so Pühringer, allerdings sei der soziale Dialog dazu “vergiftet”. Familien wie jene syrische Familien, die aufgrund höherer Unterstützung kritisiert würden, stünden vor enormen Herausforderungen und das werde vergessen. Pühringer befürchtete, dass Wien schon jetzt Kürzungen ins Auge fassen würde. Pühringer kritisierte Hetze und Rassismus und betonte, dass Wien eine “antifaschistische Stadt” bleiben müsse. Um Wien lebenswert, leistbar und klimafreundlich zu machen, brauche es für Pühringer “Mut” und sie versprach, dass die Grünen ihre Chancen mitzugestalten auch nutzen werden. (Forts.) pos

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