Justizausschuss befürwortet Strafbarkeit von sexueller Belästigung durch „Dick Pics“

Auch Regierungsvorlage mit Anpassungen zum EU-Strafrecht wandert ins Plenum

Zum Schutz vor sexueller Belästigung soll im Strafgesetzbuch der Straftatbestand der sexuellen Belästigung auf die unaufgeforderte Übermittlung von Bildaufnahmen menschlicher Genitalien – so genannter „Dick Pics“ erweitert werden. Eine entsprechende Regierungsvorlage von Justizministerin Anna Sporrer zur Änderung des Strafgesetzbuchs befürworteten die Abgeordneten im Justizausschuss des Nationalrats heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Die FPÖ äußerte zwar Verständnis für das Anliegen, bezweifelte aber, dass das Strafrecht dafür das geeignete Mittel sei.

Auch eine weitere Regierungsvorlage mit Anpassungen zum EU-Strafrecht passierte den Justizausschuss unter Zustimmung von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Unter anderem soll damit den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, schneller und effizienter Informationen über Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen zu erlangen. Mit einem Abänderungsantrag wurden noch formale Adaptionen im Zusammenhang mit dem Budgetbegleitgesetz 2025 vorgenommen.

Anträge der Opposition zu Stall- und Hofeinbrüchen, für einen Ausbau von Gewaltambulanzen und für Anpassungen im Erwachsenenschutzrecht wurden mit den Stimmen der Dreierkoalition vertagt.

STRAFBARKEIT FÜR „DICK PICS“

Konkret soll mit den Änderungen im Strafgesetzbuch (135 d.B.) künftig strafbar sein, wer eine andere Person belästigt, indem er ihr etwa am Handy oder über den Computer eine Bildaufnahme, die menschliche Genitalien zeigt, unaufgefordert und absichtlich übermittelt. Das ungefragte Zusenden von Bildern entblößter Geschlechtsteile sei in Österreich derzeit nicht gerichtlich strafbar, so die Erläuterungen. Das Regierungsprogramm der Dreierkoalition sehe daher das Verbot der Zusendung unerwünschter „Dick Pics“ durch einen neuen Straftatbestand im Strafgesetzbuch vor. Auch die bis 2027 umzusetzende EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verpflichte die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Straftatbestands gegen Cyberflashing. Der Begriff umfasse das unaufgeforderte Übermitteln von Genitalbildern im Internet und den sozialen Medien über Dating-Apps, Nachrichten-Apps, per E-Mail oder SMS sowie Mechanismen wie Airdrop oder Bluetooth. Cyberflashing stelle eine spezielle Form der sexuellen Belästigung dar, die durch fremde und bekannte Personen gleichermaßen vorkommen könne, wird in der Vorlage erläutert.

Die Strafregelung soll solcherart übermittelte Bilder von männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen umfassen – also von primären Geschlechtsmerkmalen. Bildaufnahmen, in denen Genitalien einer Person etwa nur im Bildhintergrund oder aus großer Entfernung erkennbar sind – wie beispielsweise Strandfotos – sollen von vornherein nicht vom Tatbestand erfasst sein. Die Strafdrohung soll eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen betragen. Den Betroffenen wiederum soll freigestellt sein, ob sie im konkreten Fall den Gerichtsweg beschreiten und dadurch Beteiligte in einem Strafprozess werden möchten. Sofern sie sich dafür entscheiden, soll ihnen – im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Privatanklagedelikte – kein Kostenrisiko entstehen.

Es handle sich um eine gravierende Form der sexuellen Belästigung, für die man nun konsequent auch die Strafe für das digitale Umfeld regle, so Justizministerin Anna Sporrer. Ein hoher Prozentsatz von Frauen und Mädchen sei von dieser Belästigung betroffen, die auch gravierende psychische Auswirkungen mit sich bringen könne. Die jungen Frauen würden nunmehr „empowert“, sich selbst zu wehren und etwa auf die Strafbarkeit hinzuweisen.

Frauen, Mädchen und auch Fraueneinrichtungen seien durch diese Belästigungen mit der Entwicklung der Kommunikation im digitalen Raum massiv unter Druck geraten, betonte Selma Yildirim (SPÖ). Andere Länder würden diese Handlungen zurecht bereits unter Strafe stellen. Richtig sei aus ihrer Sicht, das Thema im strafrechtlichen Bereich zu verankern, zumal dann Richter:innen etwaig auch die Möglichkeit hätten, eine diversionelle Lösung herbeizuführen. Alma Zadić (Grüne) bezeichnete die Regelungen als wichtigen Schritt. Auch Stephanie Krisper (NEOS) erachtete die Reform als wichtig und überfällig.

Zwar äußerte Markus Tschank (FPÖ) Verständnis für das Anliegen äußerte , zumal die betreffende Belästigung ein sozial inadäquates Verhalten darstelle, das sanktioniert werden müsse. Er bezweifelte aber, ob das Strafrecht das geeignete Mittel dafür sei und meinte, dass das Verwaltungsstrafrecht niederschwelliger sei. Gerade im Hinblick auf unüberlegte Handlungen junger Menschen gelte es zu bedenken, dass man sich künftig bereits ab dem ersten Foto im strafrechtlichen Bereich bewege. Das würden auch manche Jugendschutzorganisationen nicht gut finden, so Harald Stefan (FPÖ).

Justizministerin Sporrer erörterte, dass sexuelle Belästigung systematisch insgesamt im Strafrecht verortet sei. Es gebe daher bereits Spezialisierungen für Sexualdelikte, insofern sei es gut, hier anzuknüpfen, wo auch die Kompetenzen dafür seien. Junge Männer könnten sich – wie auch in anderen Dingen – künftig von vorneherein mitnehmen, dass diese Art der Belästigung genauso wie körperliche Übergriffe verboten sei, zeigte sie sich überzeugt. Es sei wichtig, dass hier eine klare Antwort von staatlicher Seite komme, sowohl an die Opfer, aber auch an potentielle Täter.

ANPASSUNGEN ZUM EU-STRAFRECHT

Hauptziel der Regierungsvorlage zum EU-Strafrecht ist laut Erläuterungen die Durchführung einer EU-Verordnung zur Einrichtung eines zentralisierten Systems „ECRIS-TCN“ (Europäisches Strafregisterinformationssystem – Drittstaatsangehörige). Es geht dabei um die Ermittlungen der Mitgliedstaaten bzw. um Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen. Weil gerade bei Drittstaatsangehörigen oft keine verlässlichen Identitätsdokumente vorliegen würden, soll in Anpassung an das EU-Strafrecht eine eindeutige Identifizierungsmöglichkeit sichergestellt werden. Die EU-Verordnung sieht zu diesem Zweck etwa die verpflichtende Speicherung von Fingerabdrücken in dem Zentralsystem vor. Auf nationaler Ebene seien dafür datenschutzrechtliche Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung bzw. den Zugriff auf Fingerabdruckdaten erforderlich. Darüber hinaus brauche es Anpassungen etwa in personeller Hinsicht, um eine reibungslose Abwicklung von Anfragen und Beauskunftungen durch das Strafregisteramt bei der Landespolizeidirektion Wien sicherstellen zu können. Umgesetzt werden diese Maßnahmen mit dem „Strafrechtlichen EU-Anpassungsgesetz 2025“ (80 d.B.).

Das umfangreiche Paket umfasst auch zahlreiche Änderungen in insgesamt neun Gesetzen, die sich auf weitere EU-Vorgaben und EU-Rechtsprechung im strafrechtlichen Zusammenhang beziehen. So soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit innerhalb der EU weiter verbessert werden. Dazu werden etwa das Verbot der Doppelverfolgung bzw. Doppelbestrafung neu geregelt und die Bestimmungen zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls angepasst. Weitere Vorschläge dienen unter anderem dem Ziel, die praktische Zusammenarbeit zwischen den Behörden zu verbessern, etwa im Bereich der grenzüberschreitenden Überwachung von Fahrzeugen. Beim Landesgericht für Strafsachen Wien zusammengeführt und damit effizienter gestaltet werden sollen außerdem die gerichtlichen Zuständigkeiten für grenzüberschreitende Ermittlungen innerhalb der Europäischen Staatsanwaltschaft.

Mit dem zentralisierten System sollen Verurteilungen aus Drittstaaten im Sinne einer besseren Strafverfolgung einfacher abrufbar werden, so Jakob Grüner (ÖVP). Aus Sicht von Christan Ragger (FPÖ) sei es zwar dringend notwendig, legistisch grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten insbesondere im Hinblick auf organisierte Kriminalität. Massive Bedenken habe er aber gegen ein „stetiges Aushöhlen“ der nationalen Kompetenzen. In dieser Hinsicht halte er die Anpassungen für zu weitreichend.

FPÖ: STRAFE FÜR STALL- UND HOFEINBRÜCHE

Die FPÖ setzt sich mit einem Entschließungsantrag für eine Änderung des Strafgesetzbuchs ein, damit Hof- und Stalleinbrüche unter Strafe gestellt werden (175/A(E)). Bäuerliche Betriebe würden immer öfter Opfer von Stalleinbrüchen und unbefugten Stallbetretungen, so die Freiheitlichen. Das bringe nicht nur Unsicherheit und sei ein Hygieneproblem, auch die Tiere würden leiden. Es brauche daher im Gesetz nicht nur eine etwaige Ergänzung zum Hausfriedensbruch, sondern einen eigenen Schutz für bäuerliche Betriebsstätten. Geht es nach der FPÖ, sollen Stall- und Hofeinbrüche mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen sein. Bei einem Gewaltdelikt soll sich der Strafrahmen auf bis zu drei Jahre erhöhen. Bestraft werden sollen außerdem ein „beharrliches Verweilen“ in einer bäuerlichen Wohn- oder Betriebsstätte und etwaige aufgenommene Bild- oder Tonaufnahmen. Es handle sich hier um eine Lücke, die zu schließen sei, damit Bäuerinnen und Bauern ihr Eigentum schützen könnten, so Peter Schmiedlechner (FPÖ). Bettina Zopf (ÖVP) gab ihm inhaltlich recht, es brauche aber eine tragfähige und systemkonforme Lösung, an der mit Hochdruck gearbeitet werde. Alma Zadić (Grüne) wiederum sieht hier keine Notwendigkeit für spezielle Regelungen, zumal es ausreichend rechtliche Handhabe gebe. Sie halte den Vorschlag für überschießend.

GRÜNE INITIATIVE ZUM AUSBAU VON GEWALTAMBULANZEN

Mit einer Initiative setzen sich die Grünen dafür ein, dass die von der türkis-grünen Bundesregierung gestarteten Gewaltambulanzen beibehalten und ausgebaut werden. In Gewaltambulanzen können sich Opfer von Gewalt – etwa Frauen nach häuslicher oder sexueller Gewalt – kostenfrei untersuchen lassen. Verletzungen werden dokumentiert und Spuren gesichert, um bei einem späteren Gerichtsverfahren als Beweise zu dienen. Die Grünen fordern nun von der neuen Bundesregierung, Gewaltschutzzentren in ihrem „Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz“ zentral zu berücksichtigen und langfristig zu finanzieren (318/A(E)). Für die bereits eröffneten Zentren in Graz und Wien sollen die Förderverträge verlängert und das Budget beibehalten werden. Außerdem wollen die Grünen die finanziellen Mittel für Zentren in allen Bundesländern bereitgestellt wissen. Darüber hinaus fordern sie mehr Aus- und Weiterbildungsplätze für Gerichtsmediziner:innen sowie Infokampagnen und -broschüren für Betroffene und Behörden. Man wolle mit diesem Antrag die Wichtigkeit der finanziellen und vertraglichen Absicherung der Gewaltambulanzen unterstreichen, so Alma Zadić (Grüne).

Die Ausrollung der Gewaltambulanzen sollte in einem Zeitrahmen passieren, der dem Budget nicht widerspreche, meinte Petra Oberrauner (SPÖ). Gerichtsfeste Beweise, die durch die Gewaltambulanzen gesammelt würden, seien auch für längere Zeiträume wichtig, etwa wenn bei Kindern und Jugendlichen später nachvollzogen werden müsse, was passiert sei. Aus ihrer Sicht sei der Antrag bereits voll in Umsetzung. Harald Stefan (FPÖ) bezeichnete den Antrag als gute Sache und sprach seine Unterstützung aus. Der Schwerpunkt Gewaltschutz solle jedenfalls auch mit der aktuellen Bundesregierung fortgesetzt werden, hielt Ernst Gödl (ÖVP) fest. Auch er meinte, die Umsetzung sei voll im Gang und stellte daher den Vertagungsantrag.

GRÜNE FORDERN ANPASSUNGEN IM ERWACHSENENSCHUTZRECHT

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2025 seien Änderungen des Erwachsenenschutzrechts ohne partizipative Einbindung der Betroffenen vorgelegt worden, bemängeln die Grünen. Demnach soll die Überprüfung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung nur mehr alle fünf statt alle drei Jahre erfolgen, das obligatorische Erneuerungsclearing abgeschafft sowie Notar:innen und Rechtsanwält:innen generell wieder zur Erwachsenenvertretung verpflichtet werden, ohne auf die benötigten Kenntnisse abzustellen. Zu diesen „Verschlechterungen“ habe die Justizministerin „abgestimmte Anpassungen“ am Gesetzentwurf angekündigt, die jedoch nicht erfolgt seien. Die Grünen fordern mit einem Antrag (337/A(E)), dem Parlament unverzüglich diese „abgestimmten Anpassungen“ zu den jüngsten Änderungen im Erwachsenenschutzrecht zu unterbreiten. Außerdem müsse der laufende partizipative Prozess im Bereich Erwachsenenschutz zwischen Ministerium, Erwachsenenschutzvereinen, Interessens- und Selbstvertretungsvereinen und der Vertretung von Anwält:innen und Notar:innen unverzüglich fortgesetzt werden. Letzterer sei im ersten Halbjahr 2025 abrupt abgebrochen worden, so die Grünen. Manfred Sams (SPÖ) zufolge laufe derzeit ein partizipativer Prozess und es werde bereits auf mehreren Ebenen gearbeitet. Er sprach sich für eine Vertagung aus, zumal es gelte, diese laufenden Prozesse abzuwarten. (Schluss Justizausschuss) mbu

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