„matinee“-Doppel: Neue Dokus über Oscar Straus und Arnold Schoenberg Chor, „Grabgeschichten“ mit Heller und Stermann
Außerdem: „Himmlische Stimmen – Das Erbe Farinellis“, „Collio – Italiens Hügel der Genüsse“
Wien (OTS) – Zwei abwechslungsreiche kulturelle „matineen“ präsentiert ORF 2 am kommenden Sonn- und Feiertag: So beleuchtet der von Clarissa Stadler moderierte ORF-Kulturvormittag am 30. Oktober 2022 um 9.05 Uhr in ORF 2 mit der Dokumentation „Himmlische Stimmen – Das Erbe Farinellis“ die Entwicklung einer ungewöhnlichen Stimmgattung – von den barocken Kastraten zu den heutigen Countertenören. Danach dreht sich alles um das „Collio – Italiens Hügel der Genüsse“ (9.55 Uhr), gefolgt von einer Ausgabe der Reihe „Die Kulturwoche“ (10.50 Uhr) mit Berichten und Tipps zum aktuellen Kulturgeschehen.
Zu Allerheiligen, am Dienstag, dem 1. November, lädt die „matinee“ um 9.05 Uhr in ORF 2 zu einem existenziellen Spaziergang mit anekdotischem Mehrwert: „Grabgeschichten: André Heller und Dirk Stermann besuchen den Hietzinger Friedhof“. Anschließend steht „Oscar Straus – Der Mann ohne Grenzen“ (9.50 Uhr) im Mittelpunkt eines außergewöhnlichen neuen Filmporträts des Komponisten. Den von Teresa Vogl präsentierten Kulturvormittag beschließt die Jubiläumsdokumentation „Wenn Stimmen Grenzen sprengen – 50 Jahre Arnold Schoenberg Chor“ (10.45 Uhr).
Sonntag, 30. Oktober:
„Himmlische Stimmen – Das Erbe Farinellis“ (9.05 Uhr)
Im Barockzeitalter waren berühmte Kastraten wie Farinelli, Senesino, Caffarelli und Carestini echte Superstars und ihr Mitwirken bei der jungen Kunstgattung Oper war höchst erfolgversprechend. Seit den 1950er Jahren spielte der Trend zur „historischen Aufführungspraxis“ eine wesentliche Rolle bei der Wiederbelebung des einstigen Kastraten-Gesangs durch Countertenöre. Heute gibt es eine Reihe erstklassiger Countertenöre, die weltweit auftreten und, wie einst die Kastraten, Begeisterung auslösen und Opernhäuser füllen. Die Geschichte wiederholt sich, aber ohne den körperlichen Eingriff, dem Haydn und Rossini nur um Haaresbreite entkommen sind. In der Dokumentation von Alessandro Scillitani erzählen Max Emanuel Cenčić und Philippe Jaroussky, zwei Stars unter den derzeitigen Countertenören, u. a. wie Papst Sixtus V. mit seinem Frauenverbot auf der Opernbühne den Anstoß zu dieser Entwicklung gab. Die Kastraten führten Opern zum Erfolg, zuerst in Italien, dann in England. Händel und andere Unternehmer in diesem zwar riskanten, aber auch sehr einträglichen Geschäft versuchten, sich gegenseitig die berühmtesten Stimmen abspenstig zu machen – und ihre Honorare waren sagenhaft. So entstand eine eigenartige Konvention, die verlangte, dass ausgerechnet die Helden auf der Bühne in unnatürlich hoher Stimmlage sangen. Außerhalb des Vatikanstaats besetzte man selbstverständlich auch Frauen in Frauenrollen. Dazu äußert sich Andreas Scholl, der auch mit seinem „Cold Song“ zeigt, wie weit Sänger heute mit ihrer Technik gehen können. Ausschnitte aus Opern wie Leonardo Vincis „Artaserse“ und vielfältiges Bildmaterial aus verschiedenen europäischen Archiven gewähren dem Publikum Einblicke in die Welt der Kastraten.
„Collio – Italiens Hügel der Genüsse“ (9.55 Uhr)
Sanft sind die Hügel, erstklassig der Wein, würzig der Essig und Prosciutto. Das Collio ist seit dem römischen Reich mehr als ein höchst fruchtbares Weinbaugebiet. Viele Jahrhunderte lang gehörte die Region im äußersten Nordosten von Friaul-Julisch Venetien zum Habsburgerreich. Am Hof in Wien wurde sie auch als die Obstkammer der Monarchie bezeichnet, besonders beliebt in den Herrschaftshäusern:
die saftigen Kirschen und der fruchtig-frische Weißwein. Die Gegend war allerdings auch ein schwer gezeichnetes Kampfgebiet in den beiden Weltkriegen, mit mehr Toten und Zerstörung als anderswo in Italien. Mitten durch Familien und Weinberge senkte sich dann der Eiserne Vorhang und teilte das Gebiet in die slowenische Brda und das italienische Collio. Der Film von Björn Kölz und Gernot Stadler ist sowohl ein Streifzug durch einen fruchtbaren Landstrich, seine Dörfer, Städtchen und Köstlichkeiten als auch eine Spazierfahrt durch längst vergangene Zeiten und Epochen.
Allerheiligen, Dienstag, 1. November
„Grabgeschichten – André Heller und Dirk Stermann besuchen den Hietzinger Friedhof“ (9.05 Uhr)
Ein Friedhof ist ein geschichtsträchtiger Ort. Hier versammeln sich all jene, die zu Lebzeiten niemals zueinander gefunden hätten. André Heller ist im Wiener Bezirk Hietzing aufgewachsen. Der örtliche Friedhof ist ihm seit seinen Tagen als Ministrant vertraut, unzählige Geschichten ranken sich um dessen „Belegschaft“. Hier liegen unter anderem begraben: der Maler Gustav Klimt und der Architekt Otto Wagner, die TV-Legende Heinz Conrads und die Geliebte des Kaisers, Katharina Schratt. Die Gräber von Engelbert Dollfuß und Alban Berg kann man ebenso entdecken wie jenes vom Generalstabschef Österreich-Ungarns, Conrad von Hötzendorf. Seine letzte Ruhestätte am Hietzinger Friedhof fand auch Franz Grillparzer neben dem letzten Kammerdiener von Ludwig VI., und auch Elise Stein liegt hier begraben, wenig bekannt und doch weltberühmt, hat Beethoven doch ihr zuliebe „Für Elise“ komponiert. André Heller kennt zahlreiche Anekdoten, Begebenheiten und Gerüchte zu den am Hietzinger Friedhof bestatteten Persönlichkeiten und lässt im Gespräch so manche toten Zeitgenossinnen und -genossen sehr lebendig erscheinen. Gemeinsam mit Lukas Sturm zeichnet er auch für die Regie verantwortlich.
„Oscar Straus – Der Mann ohne Grenzen“ (9.50 Uhr)
Der 1870 in Wien geborene Komponist Oscar Straus galt als der musikalische Erbe von Jacques Offenbach und wurde als neuer „Walzerkönig“ angesehen. Er zählte Persönlichkeiten wie George Gershwin oder Albert Einstein zu seinen Freunden. Straus überlebte durch geglückte Flucht den Holocaust, aber ein Sohn und dessen Ehefrau wurden in Auschwitz ermordet. Straus hatte die österreichische, französische und US-amerikanische Staatsbürgerschaft und die Tatsache, dass sich seine Karriere nicht auf einen Ort oder ein Land beschränkte, sondern transkontinental gestaltete, macht aus diesem von Thomas Macho gestalteten Filmporträt zugleich ein Panorama der europäischen Kulturgeschichte vom Fin de Siècle bis zur Nachkriegszeit. Die Dokumentation erweckt den herausragenden Komponisten auf außergewöhnliche Weise wieder zum Leben: Ein Radiointerview aus dem Jahr 1953, in dem der 83-jährige Oscar Straus in launigem Wiener Tonfall aus seinem Leben erzählte, wird in die Gegenwart überführt. Ermöglicht wird dies durch großartige Schauspielkunst – und ein wenig Computertechnik. Schauspieler Johannes Zeiler schlüpft in die Rolle des Komponisten, während synchron die Originalstimme von Oscar Straus zu hören ist. Michael Dangl als Conférencier, sowie die Sänger/innen Valerie Sajdik, Shlomit Butbul, Josipa Bainac und Jan Petryka sowie die A-cappella-Formation „zwo3wir“ interpretieren eigens für den Film produzierte, neu arrangierte Aufnahmen der großen Straus-Hits vom „Walzertraum“ bis zur Filmmusik zu Max Ophüls’ „Reigen“.
„Wenn Stimmen Grenzen sprengen – 50 Jahre Arnold Schoenberg Chor“ (10.45 Uhr)
Der Arnold Schoenberg Chor ist eines der bedeutendsten Vokal-Ensembles Europas. Im Jahr 2022 feiert er sein 50-jähriger Bestehen und zugleich den 75. Geburtstag seines Gründers und Leiters Erwin Ortner. Dies ist der Anlass für eine Filmdokumentation über den weltberühmten und hochdekorierten Klangkörper und seinen künstlerischen Leiter. Getragen von den schönsten Ausschnitten seiner vielen Einspielungen und unzähligen Auftritten, zeigt der Film von Gustav W. Trampitsch, dass der Chor ein lebendiges, vielschichtiges menschliches und künstlerisches Biotop ist. Statements künstlerischer Wegbegleiter/innen wie Dirigenten, Gesangssolisten, aber auch Kritiker und Journalisten fügen sich zu einem vielstimmigen Gesamtbild.
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