FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl zur Zurücklegung des Regierungsbildungsauftrags

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Österreicherinnen und Österreicher!

Ich habe eine ganz klare Richtlinie, eine ganz klare Richtschnur für meine politische Tätigkeit. Und der werde ich immer treu bleiben. Sie lautet: Eine Führungsposition auszufüllen und Verantwortung zu übernehmen, heißt vor allem eines: Mutig Entscheidungen zu treffen.

Und das gilt natürlich auch gerade dann, wenn es nicht leichtfällt. Genau das habe ich heute getan. Ich war heute am Nachmittag beim Bundespräsidenten. Ich habe ihm in einem persönlichen Gespräch darüber informiert, dass es trotz intensiver Bemühungen nicht möglich gewesen ist, eine Einigung mit der ÖVP in ganz zentralen Fragen für die Gestaltung einer guten Zukunft unserer Heimat Österreich zu finden.

Ich habe dem Bundespräsidenten mitgeteilt, dass ich daher konsequenterweise den Regierungsbildungsauftrag zurücklege. Ich habe mich beim Bundespräsidenten dafür bedankt, dass wir in den letzten Wochen, obwohl wir in vielen Bereichen ganz unterschiedliche ideologische Zugänge haben, trotzdem eine vertrauensvolle Gesprächsbasis zueinander gehabt haben. Und ich habe in diesem Gespräch auch meine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass es gut und an der Zeit wäre, wenn auch vielleicht das Staatsoberhaupt jetzt die Variante einer raschen Neuwahl befürworten und unterstützen würde.

Meine Damen und Herren!

Seit den Wahlen am 29. September des Vorjahres sind jetzt fast 140 Tage vergangen – 140 Tage der Regierungsbildungsversuche. Eine sehr lange Zeit. Für 37 Tage davon übernehme ich die volle Verantwortung. Die anderen mehr als hundert Tage haben die anderen Parteien zu verantworten, auch wenn es jetzt so aussieht, als ob sich die Beteiligten daran nicht mehr erinnern können. 37 Tage war also die Zeit, in der wir auf verschiedenen Ebenen des Verhandelns alles versucht haben, um unser Wahlversprechen einzulösen, gute Jahre für Österreich zu bringen.

Wenn aber dann ein Punkt erreicht ist, an den man erkennen muss, nach eingehender Prüfung, dass dieses Projekt mit dem Verhandlungspartner nicht umzusetzen ist, dann sehe ich es als meine Verantwortung, diesen Prozess auch rasch zu beenden, anstatt ihn weiter künstlich in die Länge zu ziehen, nur aus Furcht davor, vielleicht als Erster von einem Verhandlungstisch aufzustehen. Also den Mut zu haben, auch ein Ende zu machen, wenn es nicht geht, das ist für uns Freiheitliche und für mich persönlich auch ein Aspekt der ehrlichen Politik und des ehrlichen Verhandelns, von dem ich immer gesprochen habe. So habe ich es von anderen eingefordert und damit ist es selbstverständlich, dass ich es genauso selbst lebe.

Meine Damen und Herren!

Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt klare Verhältnisse braucht, eine klare politische Kräfteverteilung. Klare Verhältnisse für einen klaren Kurs, anstatt eines offenkundigen politischen Patts, mit dem wir gegenwärtig konfrontiert sind und das dann immer darauf hinausläuft, dass es ein „Weiter wie bisher“ gibt.

Aber dieses „Weiter wie bisher“, dieses fortgesetzte Macht- und Besitzstandsdenken, dieses „Das war immer schon so und deshalb muss es immer weiter so sein“, das halte ich für eine völlig untaugliche Zukunftsstrategie. Ich denke, dass es gerade in diesen bewegten Zeiten in Europa und der ganzen Welt, eine klare neue Zielrichtung, eine neue Dynamik, einen ganz deutlichen und neuen Impuls zu einer Veränderung im Sinne eines Eintritts in eine bessere Zukunft, in eine neue Ära der Freiheit, der Sicherheit, des Friedens und des Wohlstands, braucht.

Die guten Jahre, von denen wir immer gesprochen haben im Wahlkampf, können nur kommen, wenn sich Grundlegendes ändert: In Sachen Sicherheit, Asyl und Migration – da müssen neue Wege gegangen werden, denn die alten Wege haben zu den desaströsen Ergebnissen geführt, unter denen die österreichische Bevölkerung jeden Tag zu leiden hat. In Sachen Umgang mit Steuergeld: Stichwort Schuldenmacherei und Budgetdesaster der Vergangenheit. Da braucht es ein völlig neues Mindset: Nach der Decke strecken und zuerst Sparen, auch im Apparat, um dann – ohne neue Belastungen und immer neue Schulden zu machen – entlasten und investieren zu können.

Es braucht ein neues Bekenntnis dazu, dass die österreichische Staatsbürgerschaft ein hohes Gut ist, aber Asyl kein Zugangsweg dazu und zu unseren Sozialtöpfen sein kann. Ich rede von einem Umdenken in Sachen Neuordnung des Verhältnisses zwischen dem Staat und dem Einzelnen – und der Einzelne ist jeder Bürger, jede Familie, jedes Unternehmen. Wir Freiheitliche sind davon überzeugt, dass der Staat dem Einzelnen zu dienen hat und ihm Freiräume und Möglichkeiten zu schaffen und diese zu schützen hat.

Es braucht eine Veränderung im Sinne eines klaren Bekenntnisses zur Freiheit: Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Kampf gegen Zensur, zu direkter Demokratie, zu einem österreichischen Patriotismus und zur Selbstbestimmung gerade auch im Zusammenhang mit der EU und anderen supranationalen Organisationen. Wir sind als Österreich kein Filialbetrieb einer Brüsseler Konzernzentrale.

Damit das klar ist: Unter einem proeuropäischen Kurs – und zu dem bekenne ich mich vollinhaltlich – verstehe ich zum Beispiel keine de facto automatisierte Unterwerfung unter Vorgaben von EU-Institutionen! – Nein! Sondern für mich bedeutet proeuropäischer Kurs eine Zusammenarbeit, bei der das letztentscheidende Kriterium immer das Wohl und der Schutz der eigenen Bevölkerung zu sein hat.

Und deshalb gibt es nicht nur das Recht, sondern sogar die politische Pflicht dazu, auch einmal Nein zu sagen, wenn es notwendig ist. Und diese Liste ist bei weitem nicht vollständig.

Aber sehen Sie: Um all das, um diese vielen notwendigen Verbesserungen und um ein stabiles Fundament dafür. Genau darum haben wir in den letzten Wochen auf den unterschiedlichsten Ebenen ehrlich verhandelt. Es wurden dabei viele tragfähige Kompromisse erzielt.

Ich bedanke mich dafür ausdrücklich bei meinen Verhandlungsteams, aber auch bei den Teams unseres Verhandlungspartners. Persönlich auch bei Christian Stocker. Ich habe ihn in den Begegnungen und vor allem bei unseren Vieraugengesprächen von einer ganz anderen Seite kennengelernt, als das bisher auf der offenen politischen Bühne der Fall gewesen ist.

Das ist das eine. Aber dann gibt es eben auch noch eine zweite Seite. Und die lautet: Es ist – leider – in entscheidenden Fragen nicht gelungen, diese aus unserer Sicht unverzichtbaren Weichenstellungen als gemeinsam notwendige Weichenstellungen zu definieren, diese Weichenstellungen, die es braucht, um die Lebenssituation der Österreicher besser zu machen. Ich wünschte, es wäre anders.

Aber nur irgendwelche „Einigungen“ zu erzielen, irgendwelche zusammengeschusterte Kompromisse, die nicht von beiden Seiten nicht mit einer echten Überzeugung getragen werden und nicht mit einem guten Gewissen vorangetrieben werden, das ist nicht das stabile Fundament, das es für die erfolgreiche Bewältigung der großen Herausforderungen braucht, vor denen unser Land steht. Aber genau um dieses stabile Fundament geht es. Genau das zu gewährleisten, das ist ja die Aufgabe einer Regierungsbildung, wenn man Österreich und vor allem seiner Bevölkerung was Gutes tun möchte. Es geht nicht darum, irgendein Amt innezuhaben. Vielleicht Bundeskanzler zu werden, der erste freiheitliche Bundeskanzler zu sein. – Nein! Keine Sekunde. Wenn es mir nur darum gegangen wäre, dann hätte ich in den letzten Wochen die Gelegenheit gehabt, das zu erreichen. Ich hätte nur die Wählerinnen und Wähler verraten müssen. Ich hätte nur zentrale Wahlversprechen der Freiheitlichen Partei brechen müssen. Ich hätte nur mir selbst und meinen Prinzipien untreu werden müssen. Ich hätte es nur genauso machen müssen, wie es leider viel zu viele andere Politiker in ähnlichen Situationen schon gemacht haben. Es stimmt und dazu bekenne ich mich vor der gesamten österreichischen Bevölkerung: Dazu war ich nicht bereit.

Mein Zugang ist ein anderer. Ich habe immer gesagt, dass ein freiheitlicher Kanzler, ein Volkskanzler, der Diener, das Werkzeug, das Instrument sein muss, um in den entscheidenden Fragen den Willen der Bevölkerung umzusetzen. Wenn das in einer Koalition nicht möglich ist, dann ist der Kanzler nichts wert. Und auch diese Erkenntnis ist eine Interpretation des Satzes: „Zuerst das Volk, dann der Kanzler“. Auch da bin ich sehr konsequent.

Meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich im Folgenden die letzten Wochen und einige entscheidende Schritte der Verhandlungen noch einmal Revue passieren. Ich denke, dass das notwendig ist, weil dann vielleicht das etwas verworrene Bild, das jetzt medial vorherrscht, um Einiges klarer werden kann. Es ist für jeden, der die Dinge verfolgt hat, gut erkennbar: Die Gegner jeder politischen und demokratischen Veränderung in Österreich aber auch weit darüber hinaus, bemühen sich bis zum heutigen Tag folgendes falsche Bild zu zeichnen: Es gäbe da einen freiheitlichen Machtrausch, einen Kickl-Machtrausch. Es gehe mir um Unterwerfung, Demütigung, Rache und lauter solche Dummheiten werden da verbreitet.

Alles beruht im Grunde genommen darauf, dass wir in den laufenden Verhandlungen angeblich „Ungeheuerliches“ gemacht haben: Erstens nämlich unsere Forderungen aus dem freiheitlichen Wahlprogramm in die Verhandlungen einzubringen und dort für diese Positionen zu kämpfen, so, wie wir es versprochen haben. Und wir haben noch etwas gewagt zu fordern, nämlich dass das Finanzministerium und das Innenministerium, das seit Jahrzehnten in den Händen der Österreichischen Volkspartei ist, in den nächsten Jahren freiheitlich geführt werden sollen. Wissen Sie: Ich denke, dass das für niemanden in unserem Land eine Überraschung sein konnte. Und schon gar nicht für die ÖVP, wenn man all das einfach hernimmt, was wir in der Wahlbewegung immer gesagt haben und wenn man noch dazu die Erkenntnisse nimmt, die nach der Wahl ans Tageslicht gekommen sind. Stichwort: Eine katastrophale Asylbilanz und ein Sicherheitsdesaster in vielen Bereichen unter ÖVP-Verantwortung. Stichwort: Schuldenhaufen und Budgetdesaster, das man der Bevölkerung bis zur Wahl verschwiegen hat.

Was ist also abgelaufen? Dass wir die letzten Wochen – eigentlich seit Beginn des Februars – überhaupt nur über Ministerien geredet und nicht alle Kraft dafür verwendet haben, die inhaltlichen Unterschiede, die es in einigen Bereichen noch gegeben hat, in tragfähigen Kompromissen aufzulösen, war der ausdrückliche Wunsch der ÖVP. Es war ihr ganz wichtig, zuerst die Ministeriumsfrage abschließend zu klären und erst wenn das passiert ist, dann überhaupt erst weiter über inhaltliche Knackpunkte zu reden, die es ja durchaus noch gegeben hat.

Mein Plan ist es gewesen, zuerst die Inhalte zu diskutieren und vor allem auch die Dissenspunkte durchzuarbeiten und dann, wenn dort quasi weißer Rauch aufsteigt, die Frage der Ministerien zu klären oder diese Dinge zumindest parallel zu verhandeln. Aber ich bin der ÖVP auf ihren dringenden Wunsch hin nachgekommen.

Und jetzt ein wichtiger Punkt, der erklärt, warum ich das gemacht habe, weil ich da immer lese: „Postenschacher“. Das klingt plakativ und griffig und wird halt gern benützt, genau deshalb, weil es so griffig ist. Aber in Wahrheit steht ja hinter der Frage dieser „Posten“ auch die Frage nach der inhaltlichen Position und der Schwerpunktsetzung in diesen ganz bestimmten politischen Bereichen. Und diese inhaltlichen Positionen sind wiederum stark verknüpft mit der Persönlichkeit, mit der Programmatik der Partei, deren Repräsentant dann an der Spitze eines solchen Ministeriums steht und diese Dinge dann eben auch inhaltlich vorantreibt.

Das steckt in Wahrheit hinter der Frage, wer welches Ressort erhalten soll. Und deshalb habe ich gesagt: Ok, dann diskutieren wir zuerst über diese Frage und deshalb war auch das Ringen in diesem Bereich so intensiv. Nachdem wir uns also dann darauf verständigt haben, dass wir das so machen, habe ich ein persönliches Gespräch mit dem ÖVP-Obmann gehabt. Ich habe ihn gefragt: Was sind denn die konkreten Ministeriumsvorstellungen der ÖVP? Seine Antwort war: Aus Sicht der ÖVP sind folgende Ministerien eine unbedingte Notwendigkeit, sonst gibt es keine Koalition. Und jetzt bitte hören Sie ganz genau zu: Für die ÖVP waren unverhandelbar: Das Außenministerium, das Innenministerium, das Finanzministerium, das Wirtschaftsministerium und das Landwirtschaftsministerium.

Ohne all das für die ÖVP geht es nicht. Und obendrauf sollte nach ÖVP-Vorstellungen der freiheitliche Bundeskanzler die EU-Zuständigkeit verlieren. Es war der Plan der ÖVP diese EU-Zuständigkeit, die für ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz extra für ihn aus dem Außenministerium ins Bundeskanzleramt hineingepflanzt wurde, dass die jetzt, wo dann dort kein ÖVP-Bundeskanzler mehr sitzt, von dort herausgenommen und wieder ins Außenministerium gegeben werden. Wissen Sie: Ich habe zuerst gedacht, das ist nicht ganz ernst gemeint.

Weil ja immer von Verhandlungen auf Augenhöhe die Rede gewesen ist, weil immer von einer Anerkennung des Wahlergebnisses und von einem fairen Umgang miteinander gewesen ist. Aber es war ernst gemeint von Christian Stocker. Ich habe ihn gefragt, wie er auf diese absurde Liste kommt. Er hat zu mir gesagt: Das war immer so. Früher einmal, in den Koalitionen der ÖVP mit der SPÖ hat das immer so funktioniert. Das war das ÖVP-Argument. Ich habe gesagt, da wird sich die ÖVP aber bewegen müssen, weil sonst werden wir da nicht zusammenkommen. Wir haben dann unsererseits einen Kompromissvorschlag vorgelegt. In diesem waren das Finanzministerium und das Innenministerium aufseiten der FPÖ. Das sind zwei von den genannten fünf. Die anderen drei von der ÖVP-Liste sollte die Volkspartei haben. Die ÖVP wollte weiter alle fünf haben: Außen, Innen, Finanzen, Wirtschaft und Landwirtschaft. Und neu dazu jetzt auch noch die Landesverteidigung. Also aus fünf unbedingten Ressorts sind sechs unbedingte Ressorts geworden.

Mir gegenüber hat die ÖVP behauptet, dass es der Wunsch des Bundespräsidenten wäre, dass die FPÖ keines der Sicherheitsministerien – also Inneres und Landesverteidigung – haben darf. Mir gegenüber hat das der Bundespräsident in vielen Gesprächsrunden nie gesagt. Sonst hätte ich den Regierungsbildungsauftrag gar nicht angenommen.

Die Liste des Zweitplatzierten bei den Wahlen ist also immer länger geworden. Auf den Punkt gebracht hat diese Forderung der ÖVP bedeutet, dass sie die gleichen Ministerien für sich behalten wollte, die sie in der letzten Regierung mit den Grünen gehabt hat. Wir dürfen dabei nicht vergessen: Als sie diese Ministerien bekommen hatte, damals im Jahr 2019, war die ÖVP der Wahlsieger mit 37,5 Prozent und ihr Partner hatte 14 Prozent.

Das war also die ÖVP-Seite. Und umgekehrt sollte nach den Vorstellungen der ÖVP die FPÖ mit Ausnahme des Bundeskanzlers, der aber die EU-Kompetenzen verlieren sollte, im Wesentlichen das Ministeriumspaket erhalten, was bisher die 14-Prozent-Grünen gehabt haben. Das war also das faire Verhandeln und die große Kompromissbereitschaft der ÖVP. Weniger sogar. Weil die Justiz sollte neutral besetzt werden.

Jetzt frage ich Sie, sehen Sie da nicht eine gewisse Schieflage? Hat das etwas mit einem Verhandeln auf Augenhöhe, hat das etwas mit Fairness zu tun? Hat das etwas mit dem Wahlergebnis vom letzten September zu tun, bei dem sich die Reihenfolge verändert hat? Wer hat hier ein Problem mit Machtdenken? Ich glaube da kann sich jeder selbst ein Bild machen.

Wir sind aber trotzdem nicht vom Verhandlungstisch aufgestanden, sondern wir haben unseren Kompromissvorschlag überarbeitet und ein neues Angebot vorgelegt. Dieser neue Vorschlag hat sogar ein Übergewicht an Ministerien für die Volkspartei vorgesehen – sieben für die ÖVP und sechs inklusive des Bundeskanzlers für die Freiheitliche Partei. Nur das Finanz- und das Innenministerium sollten aus unserer Sicht in freiheitlicher Hand sein, weil das für uns ganz wesentliche Schlüssel zu einer notwendigen Erneuerung in zentralen politischen Gestaltungsfeldern sind. Stichwort: Schuldenabbau nach dem Budgetdesaster und ungefähr 40 Jahren ÖVP-Verantwortung im Finanzministerium. Und ein zweites Stichwort: Ein klarer Kurs in Sachen Sicherheit und Kampf gegen die illegale Migration nach ungefähr 20 Jahren ununterbrochener Verantwortung der ÖVP im Innenministerium – mit den bekannten Ergebnissen.

Und selbst da, beim Finanzministerium und dem Innenministerium sind wir der ÖVP entgegenkommen: Beim Innenministerium dadurch, dass wir folgendes gesagt haben: Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Bereich der Nachrichtendienste ein sensibler Bereich des Nachrichtendienstes ein sehr, sehr sensibler ist und wir haben daher vorgeschlagen, diesen Bereich in die Hände eines unabhängigen Staatssekretärs zu legen. Wir haben dem Bundespräsidenten dafür eine ganze Liste von dafür geeigneten starken, kompetenten und in der Öffentlichkeit bekannten Persönlichkeiten, die sich gegen jede Form einer möglichen Intervention zu wehren wissen, vorgelegt, um dieses Problem zu entschärfen. Auch aus staatspolitischer Verantwortung heraus, weil es mir nämlich wichtig ist, dass dieser Bereich der Nachrichtendienste frei ist von politischer Einflussnahme – aber dann muss das bitte auch für die österreichische Volkspartei gelten – das ist das eine. Also ein weiteres Zeichen des Entgegenkommens. Und im Finanzministerium sollte jenes FPÖ-Team an der Spitze arbeiten, das von unserer Seite im besten Einvernehmen mit der ÖVP und ihren Experten in sehr kurzer Zeit bei Abwendung des EU-Defizitverfahrens erfolgreich waren und hervorragend zusammengearbeitet haben. Die ÖVP hat dann mehrere Tage über dieses Angebot nachgedacht, dann haben wir uns wieder zusammengesetzt und das Ergebnis war: Keinerlei Bewegung bei der Volkspartei.

Und um noch einmal auf die Volkspartei zuzugehen und um es nicht daran scheitern zu lassen, haben wir einen weiteren Schritt in Richtung Entgegenkommen gesetzt: Wenn es für die ÖVP so wichtig ist, dann lösen wir EU-Agenden aus dem Bundeskanzleramt heraus, übertragen sie in den Bereich der Volkspartei und zurück ins Außenministerium. Die ÖVP hat im Gegenzug den Freiheitlichen das Finanzministerium angeboten, allerdings gleich wieder eins draufgesetzt; die Medien müssen auch aus dem Kanzleramt herausgelöst und der ÖVP zugeordnet werden.

Ich bin der ÖVP dann noch einmal entgegengekommen in einem weiteren sensiblen Bereich, von dem ich weiß, dass es Sorgen gibt, dem Bereich Kunst und Kultur, den wir auch bereit waren der Volkspartei zu überantworten, aber wir brauchen das Innenministerium, weil dort unsere Kernkompetenz Sicherheit, Asyl und Migration abgebildet ist. Dazu war die ÖVP um keinen Preis bereit.

Eines muss man sich bei all dem vor Augen führen: Die ÖVP hat mit dem Angebot, das wir ihr gemacht haben, alle wesentlichen politischen Kernbereiche, die ihr ebenso wichtig waren, durch ihre ministerielle Zuständigkeit abgedeckt:

Die Bereiche

* Wirtschaft, Energie
* Landwirtschaft und Umwelt
* Infrastruktur, ländlicher Raum – damit die gesamte Standortpolitik
* Öffentlicher Dienst/Beamte
* Außenpolitik
* EU
* Landesverteidigung
* Bildung- und Wissenschaft und den Bereich Soziales obendrauf

Und eines darf man nicht vergessen: Die ÖVP verweist zwar auf ihre Sicherheitskompetenz, aber wir haben sie darauf hingewiesen, dass in der EU-Kommission ein Vertreter der Volkspartei für Asyl und Migration zuständig ist, ein gewisser Magnus Brunner. Auch das ist also aufseiten der ÖVP abgedeckt.

Das war der Stand der Dinge. Und es ist nicht unbotmäßig, zu sagen: Wenn die ÖVP die Erwartungshaltung ihrer Klientel und ihrer Wähler abdeckt, die Erwartungshaltung der freiheitlichen Wähler heißt Sicherheit, ein klarer Kurs im Asyl und gegen illegale Migration – deshalb brauchen wir das Innenministerium. Das war der Stand der Dinge bis heute in der Früh.

Die Vorschläge, die uns dann über die Medien unterbreitet wurden, waren unbrauchbar, weil sie im Kern auf eine Teilung des Innenministeriums hinausliefen. Eine Teilung des Innenministeriums unter verschiedenen Gesichtspunkten führt nur dazu, dass die Aufgaben nur schlechter oder gar nicht erfüllt werden können. Wir aber wollen eine Verbesserung der Situation im Bereich der Sicherheit und im Bereich von Asyl und Migration. Das erwarten sich die Menschen – und nicht einen „Kuhhandel“, bei dem am Ende alles schlechter wird.

Meine Damen und Herren!

Ich denke, es war einmal notwendig, das alles auch öffentlich darzustellen. Ich habe in den letzten Wochen dazu geschwiegen, um keine Irritationen während der Verhandlungen zu erzeugen, aber jetzt ist die Zeit gekommen, jetzt kann sich jeder selbst ein Bild machen, wer zu Kompromissen bereit war und wer glaubt, auf manche Ressorts eine Art von Eigentumsrechten zu besitzen.

Die ÖVP wird jetzt den eigenen Mitgliedern, ihren Bünden und vor allem den Wählerinnen und Wählern erklären müssen, warum sie darauf verzichtet, das zu tun, von dem sie immer gesagt hat, dass wesentlich ist; Nämlich Österreich wirtschaftspolitisch, standortpolitisch, energiepolitisch, in der Landwirtschaft, in der Außenpolitik, in der EU, bei der Landesverteidigung und bei den Beamten federführend gestalten zu können.

Christian Stocker hat mir einmal gesagt, was er verlange, das steht dem Zweiten zu. Ich bin also gespannt, ob das, wenn die ÖVP in Verhandlungen mit der SPÖ, die in diesem Fall dieser zweite wäre, eintritt, ob das dann auch noch gilt. Das würde bedeuten die SPÖ bekäme von der ÖVP die Ressortzuständigkeit im Außenministerium, im Innenministerium, die EU-Agenden, das Wirtschaftsministerium, das Finanzministerium, die Landesverteidigung usw. Man sieht also: Das kann nicht ernstgemeint sein, da geht um ganz etwas anders

Ich kann allen unseren Wählerinnen und Wählern guten Gewissens gegenübertreten. Ich kann jedem einzelnen Wähler ehrlich in die Augen schauen und sagen: Wir haben ehrlich um unsere Inhalte und Positionen gekämpft, und haben das deshalb getan, weil unsere Positionen ja ihre Positionen und ihre Inhalte waren und sind, die Positionen und Inhalte der Wählerinnen und Wähler von der Corona-Aufarbeitung – ein Wort, das man bei Verhandlungen mit der ÖVP gar nicht in den Mund nehmen durfte – über die ORF-Gebühren, die Frage der Neutralität und einer Friedenspolitik, eines selbstbewussten Kurses gegenüber Brüssel, die Bekämpfung der Teuerung, die Sanierung des Budgets, bis hin zur Etablierung einer wirklich restriktiven Asyl- und Zuwanderungspolitik mit einem Stopp der illegalen Einwanderung Marke „Festung Österreich“, mehr Direkte Demokratie und vieles mehr.

Wir haben den Schulterschluss mit unserer Bevölkerung enger gemacht, statt ihn aufzugeben, wie es in weiten Teilen in den Verhandlungen von uns verlangt worden ist, nur um den Kanzler-Sessel zu bekommen. Dazu bin ich nicht bereit. Abschließend noch ein Ausblick: Ich fürchte, dass die anderen Parteien sich jetzt wieder zusammenhängen werden, um mit aller Kraft Neuwahlen zu verhindern, um damit einen Zuwachs der FPÖ zu stoppen oder aufzuhalten. Vielleicht geht das für sie eine Zeit lang gut.

Und es spricht ja vieles dafür, dass in den letzten Wochen vonseiten der österreichischen Volkspartei mit der SPÖ Parallelverhandlungen geführt wurden. Ich habe das auch immer wieder gehört, aber zur Seite geschoben. Denn wenn ich mit jemandem verhandle, gehe ich davon aus, dass er ehrlich mit mir umgeht, denn wenn ich diese Grundüberzeugung nicht habe, dann dürfte ich keine Sekunde mehr weiterverhandeln. Wir werden sehen, was die nächsten Tage und Wochen bringen. Wenn es so kommt, wie ich es vermute, ja vielleicht geht das eine Zeit lang gut. Aber eines ist sicher: Dass Österreich in dieser Zeit aber weiter Schaden nehmen wird. Denn in einer solchen Konstellation wird keine neue Dynamik entfaltet, die es aber braucht, sondern was auf uns zukommt, das ist ein „uraltes Regieren“. Aber wenn diese Neuwahlen kommen, dann kann ich nur an die Bevölkerung appellieren: Bitte liebe Österreicherinnen und Österreicher, schaffen Sie klare Verhältnisse. Das ist dasjenige, was Österreich braucht. Damit sie doch noch kommen, die gute Jahre mit einem freiheitlichen Volkskanzler.

Freiheitlicher Parlamentsklub
Telefon: 01/40110-7012
E-Mail: presse-parlamentsklub@fpoe.at

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