Sozialausschuss: Schumann stellt Einführung der Teilpension mit Anfang 2026 in Aussicht
Zuverdienstmöglichkeit zu Arbeitslosengeld soll weitgehend entfallen
Geplante Maßnahmen im Pensionsbereich, die Lage am Arbeitsmarkt, die Bildungskarenz neu und die Sozialhilfe – das waren einige der Themen, die heute bei einer Aussprache über aktuelle Fragen im Sozialausschuss des Nationalrats zur Sprache kamen. Sozialministerin Korinna Schumann bekräftigte dabei das Vorhaben der Regierung, eine „Teilpension“ einzuführen. Diese soll die Altersteilzeit aber nicht ersetzen, vielmehr sollen Teilpension und Altersteilzeit in einem System verwoben werden. Zudem bestätigte die Ministerin, dass die Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld weitgehend abgeschafft werden soll.
Noch keine Details konnte Schumann in Bezug auf die angestrebte Vereinheitlichung der Sozialhilfe und auf die Kindergrundsicherung nennen. Hier sei man „erst am Beginn der Reise“, bat sie die Abgeordneten um Geduld. Zudem bedürfe es dabei der Zusammenarbeit mit den Ländern. Ziel sei es jedenfalls, Sozialhilfebezieher:innen, die arbeitsfähig seien, „in Richtung AMS zu bringen“. Bei der Kindergrundsicherung sollen Sachleistungen eine wichtige Rolle spielen.
Eine Lösung könnte es für jene Personen geben, bei denen eine Bildungskarenz durch eine Schwangerschaft unterbrochen wurde und die ihre begonnene Ausbildung nun nicht fortsetzen könnten. Das sei „in Begutachtung“, informierte Schumann FPÖ-Abgeordnete Andrea Michaela Schartel.
Es war heute die erste Arbeitssitzung des Sozialausschusses des Nationalrats nach Bildung der neuen Bundesregierung. Neuer und alter Ausschussvorsitzender ist Josef Muchitsch: Er ersuchte die Parteien um weiterhin „gute Zusammenarbeit“.
SCHUMANN: ES BRAUCHT „KLUGE“ EINSPARUNGEN
Eingangs ihrer Ausführungen meinte Schumann, es sei „in Zeiten wie diesen“ wichtig, zusammenzuhalten. Die schwierige wirtschaftliche Lage sei eine enorme Herausforderung für das Budget. Um wieder „aus dem Tal herauszukommen“, gelte es, „sehr klug zu handeln“. Man müsse die notwendigen Einsparungen so gestalten, dass sie für die Menschen nicht zu einem riesigen Problem würden.
In diesem Sinn bekannte sich Schumann auf der einen Seite zwar zur Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen, kündigte gleichzeitig aber Abfederungsmaßnahmen an. So sei vorgesehen, die Rezeptgebühr nächstes Jahr nicht an die Inflation anzupassen und den Rezeptgebührendeckel schrittweise von 2 % auf 1,5 % des Einkommens zu senken. Zudem sollen auch Arzneimittel, die nicht unter die Rezeptgebühr fallen, vom Deckel umfasst werden. Das werde vor allem ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Alleinerzieher:innen, die viele Medikamente für ihre Kinder bräuchten, entlasten, betonte sie.
KEINE ERHÖHUNG DES GESETZLICHEN PENSIONSALTERS
Schumann versicherte außerdem, dass die Regierung nicht in das Pensionskonto eingreifen und das Pensionsalter nicht auf 67 Jahre hinaufsetzen werde. Auch die Langzeitversichertenregelung bleibe, sagte sie.
Um das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, setzt Schumann unter anderem auf die Einführung einer Teilpension. „Zwei Tage nehme ich meine Pensionsleistung in Anspruch, drei Tage gehe ich noch arbeiten“, veranschaulichte sie an einem Beispiel das Vorhaben, das ihr zufolge mit 1. Jänner 2026 umgesetzt werden soll. Gleichzeitig werde die Altersteilzeit nicht abgeschafft, sondern in ein System mit der neuen Teilpension verwoben.
„STARKER SCHWERPUNKT“ ARBEITSMARKT
Einen „starken Schwerpunkt“ will die Regierung laut Schumann auf den Arbeitsmarkt setzen. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die bei der heutigen Regierungsklausur präsentierte Fachkräftestrategie. Deren Fokus liegt ihr zufolge auf Qualifizierung und Weiterbildung, man wolle insbesondere Menschen mit niedriger Qualifikation erreichen. Nicht alles könne aber „über die AMS-Schiene“ gehen, meinte die Ministerin, auch die Unternehmen müssten einen Beitrag leisten. Einer der Schwerpunkte der Strategie werde im Bereich der Pflegeberufe liegen.
Auch die neue Form der Bildungskarenz wird sich Schumann zufolge vorrangig an niedrig qualifizierte Personen richten. Allerdings sollen weiterhin auch Studienabschlüsse und andere höherwertige Ausbildungen ermöglicht werden. Eine wesentliche Rolle misst Schumann dabei dem vorgesehenen Vorab-Gespräch bei: In diesem soll geklärt werden, ob die angestrebte Aus- bzw. Weiterbildung eine positive Wirkung für den Arbeitsmarkt hat. Es werde außerdem nicht mehr möglich sein, Bildungskarenz unmittelbar an eine Elternkarenz anzuschließen. Man könne die „Betreuungsproblematik“, die es teilweise nach wie vor gebe, nicht über die Bildungskarenz lösen, merkte Schumann an. Was Rückforderungen von Weiterbildungsgeld durch das AMS anlangt, sagte die Ministerin, ihr täten alle leid, die davon betroffen seien, man müsse sich aber an Regeln halten.
KEINE GERINGFÜGIGE BESCHÄFTIGUNG MEHR BEI BEZUG VON ARBEITSLOSENGELD
Auf eine Frage von ÖVP-Abgeordneter Tanja Graf bestätigte Schumann, dass es künftig nur noch in Ausnahmefällen möglich sein soll, parallel zum Bezug von Arbeitslosengeld einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen. Graf zufolge hat sich gezeigt, dass sich ein Zuverdienst negativ auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auswirke, zum Teil sei das „zu einem Geschäftsmodell geworden“. Wer neben seinem eigentlichen Job schon geringfügig beschäftigt gewesen ist, soll diese Beschäftigung laut Schumann aber fortsetzen können, wenn er arbeitslos wird. Ausnahmen soll es außerdem für ältere Arbeitslose – begrenzt auf ein halbes Jahr – sowie für ältere Langzeitarbeitslose geben. Gleichzeitig kündigte Schumann ein Einfrieren der Geringfügigkeitsgrenze im nächsten Jahr an.
Von FPÖ-Abgeordnetem Manuel Pfeifer auf die „Hacklerregelung“ angesprochen, deren Wiedereinführung auch die SPÖ in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert habe, verwies Schumann auf die budgetäre Situation. Man müsse alles daran setzen, dass die budgetäre Notlage beseitigt werde, sagte sie.
AUSGLEICHSTAXFONDS MIT 100 MIO. Ꞓ IM MINUS
„Große Sorge“ bereitet Schumann das von Ralph Schallmeiner (Grüne) angesprochene Loch im Ausgleichstaxfonds, aus dem insbesondere Fördermaßnahmen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen finanziert werden. Hier habe sie „ein schweres Erbe“ übernommen, betonte sie. Der Fonds sei mit 100 Mio. Ꞓ im Minus. Das hänge auch mit den großen Insolvenzen zusammen, dadurch würden Einnahmen fehlen. Für wichtig hält es Schumann jedenfalls, die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu forcieren.
Erfreut äußerte sich Schumann gegenüber Ausschussobmann Josef Muchitsch (SPÖ) darüber, dass das Thema „Arbeiten im Freien“ in das Regierungsprogramm aufgenommen worden sei. Man sei dabei, das Thema auf Sozialpartnerebene zu verhandeln, berichtete sie. Muchitsch hatte zuvor gemeint, dass es Verbesserungen für Menschen brauche, die unter schwierigsten Wetterbedingungen arbeiten müssten.
KINDERGRUNDSICHERUNG UND PFLEGE
Die Kindergrundsicherung soll Schumann zufolge dazu beitragen, Kinder aus der Armutsfalle herauszubringen. Diese sei „gut aufgesetzt“, müsse aber noch fertigverhandelt werden, unterstrich sie. Geplant seien mehr Sachleistungen.
Zum Thema Pflege merkte Schumann an, Österreich habe an sich „ein ausgezeichnetes Pflegesystem“. Es brauche aber eine Vereinheitlichung zwischen den Bundesländern. Zudem gebe es Schnittstellenproblematiken, etwa beim Übergang zwischen Pflege und Krankenhaus. Auch brauche es mehr Digitalisierung in der Pflegeverwaltung, um zum Beispiel den Bürokratieaufwand bei der mobilen Pflege zu reduzieren. Schumann kann sich etwa vorstellen, Daten aus der Pflege in die Elektronische Gesundheitsakte ELGA zu integrieren. Für Angehörige strebt Schumann eine bessere Beratung über Ländergrenzen hinweg an. Ziel sei ein One-Stop-Shop, auch wenn das nicht einfach zu erreichen sein werde.
NEOS ÜBER WEITEREN ANSTIEG DER PENSIONSAUSGABEN BESORGT
Von Seiten der Abgeordneten erinnerte Michael Hammer (ÖVP) daran, dass die Abschaffung der Bildungskarenz in der derzeitigen Form auch mit der FPÖ vereinbart gewesen sei und so nach Brüssel gemeldet wurde. In diesem Sinn zeigte er sich über eine Wortmeldung von FPÖ-Abgeordneter Lisa Schuch-Gubik verwundert. Diese hatte von Sozialministerin Schumann wissen wollen, ob die Abschaffung der Bildungskarenz nicht den Wiedereinstieg junger Mütter ins Arbeitsleben erschwere.
NEOS-Abgeordneter Johannes Gasser hob die Notwendigkeit hervor, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen und zeigte sich darüber besorgt, dass die Pensionsausgaben des Bundes in den ersten Monaten des Jahres 2025 weiter stark gestiegen seien. Ihm zufolge betrug das Plus in der gesetzlichen Pensionsversicherung 8 % und bei Beamt:innen 5,6 %. Auch eine Reform des Rehabilitationsgeldes hält Gasser für geboten, nachdem die letzte Reform der Invaliditätspension nicht in dem Ausmaß gewirkt habe wie erwartet. Um Bürokratie zu reduzieren, schlägt er außerdem vor, im Lohn- und Sozialdumpinggesetz stärker zu differenzieren. Es brauche nicht die gleichen Regeln für den Bau und das mittlere Management, meinte er. Seine Fraktionskollegin Fiona Fiedler vermisst eine Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in die Qualifizierungsoffensive.
Ralph Schallmeiner (Grüne) gab zu bedenken, dass Pflegekräfte nicht von einer Aufnahme in die Schwerarbeitspension profitieren würden, solange dafür 45 Versicherungsjahre notwendig seien. (Schluss Sozialausschuss) gs
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